"Wir haben keine Wahl"
Diakoniedirektorin Dr. Ursula Schoen ruft zu Europa- und Kommunalwahlen auf
Am 9. Juni sind auch die 52.000 Mitarbeitenden der Diakonie in Berlin, Brandenburg und der schlesischen Oberlausitz (Sachsen) zu Europa- und Kommunalwahlen eingeladen. Diakoniedirektorin Dr. Ursula Schoen ruft ausdrücklich zur Wahlbeteiligung auf. Wer aus christlicher Tradition oder humanistischer Motivation in einer offenen, toleranten Gesellschaft leben möchte, darf jetzt nicht auf sein Wahlrecht verzichten.
Dr. Schoen: „Die Wahl zwischen 34 Parteien fällt vielen sehr schwer. Und doch zählt jetzt nicht das „Ob“, sondern das „Wie“. Jetzt hängt es von allen Wahlberechtigen ab 16 Jahren ab, wie es mit unserer Demokratie weitergeht. Die verbreitete Auffassung ‚Die Politikerinnen und Politiker in Berlin, Brandenburg, Sachsen und Brüssel machen alles falsch oder tun zu wenig‘ spiegelt sich nicht in unserer täglichen sozialpolitischen Arbeit. Als Sozialverband sind wir selbstverständlich nicht mit allen landes- und kommunalpolitischen Entscheidungen einverstanden. Und wir streiten vehement für jede einzelne Kita, Schuldner-, Familien- und Migrationsberatung, Klinik, Pflegeeinrichtung, für jedes Hospiz, jeden Jugendclub und jede Geflüchtetenunterkunft. Wir erleben aber, dass politische Gesprächspartner:innen aller verfassungsfreundlichen Parteien wissen: Die Menschen in ihren Wahlkreisen sind mehr denn je auf die unzähligen sozialen Dienste der Wohlfahrtsverbände in Stadt und Land angewiesen. Sie bieten Konstanz und Sicherheit – ohne Ansehung von Herkunft, sozialem Stand, Alter, religiöser oder kultureller Zugehörigkeit, sexueller Orientierung oder körperlicher, seelischer, geistiger oder Sinnesbeeinträchtigung.
Der Wunsch nach einem totalitären, ausgrenzenden Staat, nach einfachen Lösungen kann kurzfristig die Angst vieler vor den Herausforderungen der Region und Weltgemeinschaft verringern. Wir können aber nicht das Rad der Zeit zurückdrehen – wir müssen und können die großen Aufgaben der Gegenwart nur in der Staatengemeinschaft lösen.“
In den letzten Jahrzehnten haben Europapolitiker:innen aus der Region und engagierte Vertreter:innen der Kommunen Grundlagen für ein soziales Deutschland gelegt. Sie teilen die Überzeugung der Diakonie: ein funktionierendes Sozialsystem, eine starke Wirtschaft, Frieden und Sicherheit sind nur möglich durch internationale Solidarität. So wurden wesentliche Strukturen für ein soziales Miteinander im ländlichen Raum durch europäische Finanzmittel geschaffen und gesichert. Das offene Europa hat einen engen Austausch der regionalen diakonischen Strukturen mit den osteuropäischen Nachbarstaaten in der Geflüchtetenhilfe ermöglicht. Eine EU-Förderung in Millionenhöhe hat jüngst die regionale Energieversorgung in der Lausitz gesichert und unter diakonischer Federführung europaweit einmalig eine grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung mit Polen angestoßen.
Für solche Projekte braucht es Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vor Ort, die diese Chancen erkennen und nutzen. Die zusammen mit der Landesregierung auf eine offene, vielfältige Gesellschaft mit guten Lösungen für eine starke soziale Infrastruktur setzen. So bilden die Europa- und die Brandenburger Kommunalwahlen eine natürliche und sinnvolle Einheit.
Dr. Schoen: „Ich bin ein absoluter Europa-Fan. Denn die EU ist weit mehr als eine Finanzspritze für schwache Regionen. Das demokratische Europa sind wir alle – in gewachsenen zivilgesellschaftlichen Netzwerken, Städtepartnerschaften, kulturellen und wissenschaftlichen Austauschprogrammen von Lappland bis Kreta, vom Schwarzen Meer bis zum Ring of Kerry. Die polnischen Wähler:innen haben zuletzt klar bekannt: uns verbindet eine europäische Vision, die weit über eine nationalistische Kurzsicht hinausweist. Wir wollen für Menschenrechte und Grundwerte des Friedens, der Gerechtigkeit, Freiheit, Partizipation und Solidarität einstehen. Ich freue mich, dass die Berliner, Brandenburger und Sachsen am Sonntag diese Werte gegen extreme, totalitäre Ideen verteidigen können. Mit nur einem Kreuz. Eine leichte, aber ungemein wichtige Aufgabe. Wir haben keine Wahl als jetzt wählen zu gehen.“
Für Interviews steht Direktorin Dr. Schoen unter anderem im Rahmen der Christlichen Begegnungstage in Frankfurt (Oder) am 7. und 8. Juni oder gerne vorab ortsunabhängig zur Verfügung.
Das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz ist ein Verband der Freien Wohlfahrtspflege, der die ca. 1.600 Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsdienste mit über 52.000 Mitarbeitenden in Berlin und Brandenburg vertritt, sich für Teilhabe und Vielfalt engagiert und sich im Sinne der Nächstenliebe für benachteiligte und ausgegrenzte Menschen einsetzt.
Links:
Forderungen der Diakonie Deutschland zur Europawahl
Projekt „Grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung“ (Guben/Gubin)
Kampagne Zusammen Streiten
Projekt „Demokratie gewinnt! In Brandenburg!“
Hintergrund „Diakonie für Demokratie“
Die Kampagne „Zusammenstreiten“ bietet diakonischen Einrichtungen, Kirchenkreisen und Gemeinden Materialien wie Banner, Plakate, Share-Pics, Arbeitsmaterialien und Give-Aways an, die den Austausch zu kontroversen gesellschaftlichen Themen unter der Prämisse einer kirchlichen-diakonischen Haltung befördern. Seit März 2024 werden an Brandenburger und Berliner Standorten für alle interessierten Mitarbeitenden von Kirche und Diakonie Moderatorentrainings durchgeführt. Die Argumentationshilfe der Diakonie mit zahlreichen Gesprächsbeispielen wird seit Anfang April von mehreren Tausend Mitarbeitenden genutzt. Sämtliche Entwicklungen werden eng durch das diakonische Projekt „Demokratie gewinnt! In Brandenburg!“ begleitet. Landeskirche und -diakonie setzen sich in verschiedenen zivilgesellschaftlichen Bündnissen aktiv für eine lebenswerte Gemeinschaft in Berlin und Brandenburg ein: Gemeinsam unteilbar, Brandenburg zeigt Haltung, Aktionsbündnis Brandenburg, Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin, Bündnis für Mut und Verständigung. Zahlreiche diakonische Einrichtungen und Gemeinden entwickeln oder setzen sich für demokratiefördernde Aktionen wie Runde Tische, politische Podien, Demonstrationen, Zukunftswerkstätten etc. ein.
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