Rechtsanspruch auf Freiwilligendienst jetzt umsetzen
25.06.2025
Ein Jahr nach Veröffentlichung der Vision 2030 für ein Recht auf Freiwilligendienst liegt nun die lang erwartete juristische Grundlage vor: Ein neues Gutachten der Bertelsmann Stiftung belegt die rechtliche Umsetzbarkeit eines bundesweiten Rechtsanspruchs auf einen Freiwilligendienst. Damit ist klar: Der Bund kann nicht nur für den Bundesfreiwilligendienst (BFD), sondern auch für das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ), das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) sowie für internationale Freiwilligendienste eine gesetzliche Grundlage schaffen – einschließlich der Finanzierung eines existenzsichernden Freiwilligengeldes.
Vision 2030: Mehr Engagement durch Recht auf Freiwilligendienst
Die von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis getragene Vision 2030 sieht vor, die Zahl der jährlich geförderten Freiwilligendienstplätze in Deutschland von derzeit knapp 100.000 auf 200.000 zu verdoppeln. Kern des Konzepts ist ein Rechtsanspruch auf Freiwilligendienst für alle Schulabgänger*innen – unabhängig davon, um welche Form des Freiwilligendienstes es sich handelt. Dieser soll durch ein auskömmliches Freiwilligengeld sowie eine umfassende Information und Beratung aller Schulabgänger*innen begleitet werden. Ziel ist die Etablierung einer „Kultur selbstverständlicher Freiwilligkeit“ – ohne Zwang, aber mit klarer politischer Förderung.
Engagement ermöglichen statt Dienstpflicht fordern
Angesichts wiederholter Debatten über die Einführung einer Dienstpflicht für junge Menschen sendet das Gutachten ein starkes Signal: Der freiwillige Einsatz junger Menschen für die Gesellschaft kann deutlich gestärkt werden – durch einen gesicherten Zugang und finanzielle Absicherung, nicht durch Verpflichtung. Dabei ist das Engagementpotenzial längst vorhanden: Studien zeigen, dass junge Menschen sich engagieren wollen – sie scheitern aber oft an mangelnden Plätzen und Finanzierung.
Diakonie-Direktorin Dr. Ursula Schoen: „Wir brauchen keine Scheindebatten über ein soziales Pflichtjahr, das unsere Idee eines sozialen Miteinanders und die notwendige innere Motivation ignoriert. Wir brauchen einen attraktiveren und inklusiveren Dienst für die Freiwilligen. Unsere Einsatzstellen sind in Zeiten knappster Haushalte ohnehin wirtschaftlich bedrängt und können es nicht leisten, immer mehr draufzuzahlen. Mit einem Rechtsanspruch haben auch die Länder Berlin und Brandenburg mehr Rückenwind zur organisatorischen Neustrukturierung und Öffnung der Freiwilligendienste für alle – unabhängig vom eigenen Geldbeutel.“
Rechtliche Klarheit: Der Bund kann und darf handeln
Bislang war unklar, ob der Bund für Formate wie FSJ oder FÖJ rechtlich zuständig ist, da hier die Länder eine besondere Rolle haben und die Bundesförderung auf die pädagogische Begleitung beschränkt war. Das Gutachten der Bertelsmann Stiftung nimmt rechtliche Zweifel aus dem Spiel: Es zeigt, dass ein Bundesgesetz ausreicht, um alle Formate – BFD, FSJ, FÖJ, IJFD – gleichwertig zu fördern. Eine Grundgesetzänderung ist dafür nicht erforderlich. Voraussetzung ist lediglich die Einrichtung einer Bundesverwaltung – als Eigen- oder Auftragsverwaltung.
Zugleich bleibt die föderale Struktur erhalten: Länder können weiterhin eigene Programme auflegen, und die bewährte zivilgesellschaftliche Verankerung der Dienste bleibt unangetastet.
Politischer Moment für einen Aufbruch
Mit der neuen Bundesregierung und einer neuen Ministerin im erweiterten Familien- und Bildungsministerium bietet sich jetzt die Chance, Freiwilligendienste strukturell in der Bildungslandschaft zu verankern – rechtlich abgesichert, finanziell unterlegt und für alle zugänglich. Der rechtliche Weg ist bereitet – es braucht nur einen entsprechenden politischen Willen.
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Pressekontakt für das DWBO

Sebastian Peters
Pressesprecher und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit
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