Armut & Wohnungslosigkeit
Existenzsicherung
Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigener Kraft sichern können, haben einen Rechtsanspruch auf Grundsicherung. Die Diakonie setzt sich für ein System der materiellen Grundsicherung ein, das die Menschenwürde wahrt und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht.
Die Allgemeinen Sozialen Einrichtungen und Dienste der Diakonie bieten Alleinstehenden und Familien in schwierigen sozialen Lebenslagen, Problemsituationen und Krisen umfängliche Beratung und Unterstützung an. Sie sind wohnortnah und gut mit anderen sozialen Angeboten vernetzt. Als erste Anlaufstelle bieten sie Beratung und Information in unterschiedlichen sozialen Feldern, Vermittlung an spezialisierte Einrichtungen und Dienste und Unterstützung bei der Bewältigung der Notsituation an.
Die allgemeine/unabhängige Sozialberatung finden Sie an folgenden Standorten. Zuständig ist die Beratungsstelle in Ihrem Wohnort.
Berlin
Friedrichshain
Diakonisches Werk Berlin Stadtmitte e.V.
Familienzentrum FUN
Modersohnstr. 46
10245 Berlin
Tel.: 030 / 261 19 93
E-Mail: sozialberatung@diakonie-stadtmitte.de
Diakonisches Werk Berlin Stadtmitte e.V.
Kinder- und Familienzentrum DAS HAUS e.V.
Weidenweg 62
10247 Berlin
Tel.: 030 / 261 19 93
E-Mail: sozialberatung@diakonie-stadtmitte.de
Kreuzberg
Diakonisches Werk Berlin Stadtmitte e.V.
Sozial- und Familienberatung im Familienzentrum tam
Wilhelmstr. 116-117
10963 Berlin
Tel.: 030 / 261 19 93
E-Mail: sozialberatung@diakonie-stadtmitte.de
Lichtenberg
Immanuel Beratung Lichtenberg
Bornitzstr. 73-75 / Haus B
10365 Berlin
Tel.: 030 / 550 09 118
E-Mail: beratung.lichtenberg@immanuel.de
Marzahn
Immanuel Beratungszentrum Marzahn
Landsberger Allee 400
12681 Berlin
Tel.: 030 / 447 26 21 50
E-Mail: beratung.marzahn@immanuel.de
Mitte
Immanuel Beratung Fischerinsel
Fischerinsel 2
10179 Berlin
Tel.: 030 / 447 26 21 90
E-Mail: beratung.fischerinsel@immanuel.de
Prenzlauer Berg
Immanuel Beratung Prenzlauer Berg
Zelterstr. 14
10439 Berlin
Tel.: 030 / 447 26 22 00
E-Mail: beratung.prenzlauerberg@immanuel.de
Reinickendorf
Immanuel Beratung Reinickendorf
Baseler Str. 18 (im Lutherhaus)
13407 Berlin
Tel.: 030 / 447 26 22 80
E-Mail: sozialberatung-baseler-strasse@immanuel.de
Immanuel Beratung Reinickendorf (Märkisches Viertel)
Wilhelmsruher Damm 159
13439 Berlin
Tel.: 030 / 447 26 22 45
Mobil: 0176 1131-9818
E-Mail: sozialberatung-maerkisches-viertel@immanuel.de
Spandau
Immanuel Beratung Spandau
Burbacher Weg 4
13583 Berlin
Tel.: 030 / 447 26 21 25
E-Mail: beratung.spandau@immanuel.de
Steglitz-Zehlendorf
Diakonisches Werk Steglitz und Teltow-Zehlendorf e.V.
Soziale Beratung für Einzelpersonen
Johanna-Stegen-Str. 8
12167 Berlin
Tel.: 030 / 771 09 72
E-Mail: sozialeberatung@dwstz.de
Diakonisches Werk Steglitz und Teltow-Zehlendorf e.V.
Familienbüro
Kirchstr. 3/ Ecke Martin-Buber-Str.
14163 Berlin
Tel.: 030 / 90299-5797 und -5154
E-Mail: jugendamt-familienbuero@ba-sz.berlin.de
Tempelhof-Schöneberg
Diakonisches Werk Steglitz und Teltow-Zehlendorf e.V.
Unabhängige Soziale Beratung
Germaniastraße 18 - 20
12099 Berlin
Tel.: 030 / 22 50 13 00
E-Mail. sozialeberatung-tsch@dwstz.de
Treptow-Köpenick
GEBEWO - Soziale Dienste - Berlin gGmbH
Allgemeine unabhängige Sozialberatung Treptow-Köpenick
Kietzer Straße 11
12555 Berlin
Tel: 030 / 65 66 16 670
E-Mail: Sozialberatung-tk@gebewo.de
Bezirksübergreifend
Berliner Arbeitslosenzentrum evangelischer Kirchenkreise e.V. (BALZ)
Unabhängige Sozialberatung für Arbeitslose und Erwerbstätige mit geringem Einkommen
Beusselstraße 35
10553 Berlin
Tel: 030 / 235 987 987
E-Mail: info@berliner-arbeitslosenzentrum.de
https://www.berliner-arbeitslosenzentrum.de/
https://www.beratung-kann-helfen.de
Brandenburg
Angermünde
EJF gemeinnützige AG
"impuls..." - Beratungsstelle für Familie, Jugend und Erziehung
Puschkinallee 28
16278 Angermünde
Tel.: 03331 / 218 31
E-Mail: beratungsstelle-angermuende@ejf.de
Brandenburg/ Havel
EJF gemeinnützige AG
Beratungsstelle Parduin - Erziehungs- und Familienberatung
Parduin 9
14770 Brandenburg a.d. Havel
Tel.: 03381 / 21 22 89 0
E-Mail: parduin@ejf.de
Burg (Spreewald)
Diakonisches Werk Niederlausitz gGmbH
Allgemeine Sozialberatung für Senioren
Hauptstraße 40
03096 Burg (Spreewald)
Tel.: 035603 / 554
Calau
Immanuel Beratung Calau
Töpferstr. 3
03205 Calau
Tel.: 03541 / 71 26 80
E-Mail: beratung.calau@immanuel.de
Cottbus
Diakonisches Werk Niederlausitz gGmbH
Allgemeine Sozialberatung
"Haus der Wohnhilfe"
Gerhard-Hauptmann-Straße 9a
03044 Cottbus-Schmellwitz
Tel.: 0355 / 62 02 91 40
Diakonisches Werk Niederlausitz gGmbH
Allgemeine Sozialberatung
"contact"
Albert-Schweitzer-Straße 11
03050 Cottbus-Sachsendorf
Tel.: 0355 / 3 57 38 63
Diakonisches Werk Niederlausitz gGmbH
Allgemeine Sozialberatung
"Stadtmission"
Wilhelm-Külz-Straße 10a
03046 Cottbus-Mitte
Tel.: 0355 / 3 83 24 98
Jüterbog
Diakonisches Werk Teltow-Fläming e.V.
Allgemeine Sozialberatung
Kreisbahnplatz 1
14913 Jüterbog
Tel.: 03372 / 44 17 10
E-Mail.: sozialberatung@dw-tf.de
Kolkwitz
Diakonisches Werk Niederlausitz gGmbH
Allgemeine Sozialberatung für Senioren
Martin-Kaltschmidt-Straße 18
03099 Kolkwitz
Tel.: 03 55 / 49 44 88 11
Lübben
Diakonisches Werk Lübben
Allgemeine Sozialberatung für Schwangere sowie
Erziehungs- und Familienberatung
Geschwister-Scholl-Str. 12
15907 Lübben
Tel.: 03546 / 7169
E-Mail: erziehungsberatung@diakonie-luebben.de
Potsdam
EJF gemeinnützige AG
Allgemeine Sozialberatung
Lindenstr. 56
14467 Potsdam
Tel.: 0331 / 280 73-16 - Terminvereinbarungen über das Sekretariat
Prenzlau
EJF gemeinnützige AG
Beratungshaus "Lichtblick", Familie, Jugend, Erziehung
Steinstraße 36
17291 Prenzlau
Tel.: 03984 / 5000
Rüdersdorf
Immanuel Beratung Rüdersdorf
Familienberatung, Schwangerenberatung
Seebad 82/83
15562 Rüdersdorf bei Berlin
Tel.: 033638 / 83 185
E-Mail: beratung.ruedersdorf@immanuel.de
Wittstock
Immanuel Beratung Wittstock
Familienberatung, Schwangerenberatung
Gröper Straße 20
16909 Wittstock
Tel.: 03394 / 43 37 84
E-Mail.: beratung.wittstock@immanuel.de
Zehdenick
Immanuel Beratung Zehdenick
Familienberatung, Schwangerenberatung
Im Kloster 1
16792 Zehdenick
Tel.: 03307 / 31 00 12
E-Mail.: beratung.zehdenick@immanuel.de
Existenzsicherung
Wer seinen Unterhalt nicht aus eigener Kraft decken kann, hat ein Anrecht auf Leistungen, die die Existenz sichern. Neben anderen Anspruchsgründen ist in den letzten Jahren die Zahl der Menschen, deren Einkommen trotz (Vollzeit-) Erwerbstätigkeit nicht zum Leben reicht, enorm angestiegen. Grund hierfür ist der in Deutschland vergleichsweise starke Ausbau des Niedriglohnsektors.
Die wesentlichen Ansprüche auf Grundsicherung sind in den Sozialgesetzbüchern II und XII geregelt. Auseinandersetzungen darum, wer in unserer Gesellschaft Anspruch auf diese Leistungen hat, unter welchen Bedingungen dies der Fall ist und die Frage, welche Sanktionierung der Anspruchsberechtigten durch Kürzung der Leistungen vertretbar ist, haben in den letzten Jahren sehr kontroverse Debatten ausgelöst. In der Frage der Höhe der Leistung wird darüber gestritten, wie viele Mittel unsere Gesellschaft für die menschenwürdige Teilhabe derjenigen aufwenden will, deren eigene finanzielle Ressourcen dazu nicht ausreichen.
Regelbedarf
Kern der Grundsicherungsleistung ist der sogenannte Regelbedarf. Die Höhe des Regelbedarfes nach SGB XII und SGB II bestimmt das soziokulturelle Existenzminimum. Darüber hinaus bestimmt sie auch die steuerlichen Grundfreibeträge.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2010 das bisherige Verfahren der Bedarfsbemessung der Regelsätze als nicht mit dem grundrechtlichen Maßstab der Menschenwürde und des Sozialstaatsgebots vereinbar kritisiert. Das von der Bundesregierung aktuell praktizierte Verfahren der Bedarfsbemessung ist sozialpolitisch und verfassungsrechtlich umstritten.
Als Diakonie fordern wir seit vielen Jahren eine transparente und bedarfsdeckende Neuberechnung des Regelsatzes. Zwischenzeitlich vertreten wir die Auffassung, dass die Existenzsicherung grundlegend neu strukturiert werden muss.
Aktuelle Links zum Thema
- Aktuelles Datenmaterial der Bundesagentur für Arbeit zur Grundsicherung in unserer Region
- Diakonie Deutschland: Infoportal zum Themenschwerpunkt „Menschenwürdiges Existenzminimum“
- Berliner Arbeitslosenzentrum Evangelischer Kirchenkreise (BALZ): Kostenlose und unabhängige Beratung für arbeitslose und geringverdienende Menschen
- Aktion „Irren ist amtlich – Beratung kann helfen“ des BALZ: Mobiles Beratungsangebot zum Arbeitslosengeld II
Das Bildungs- und Teilhabepaket ist zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten und soll die Teilhabe von Kindern aus einkommensarmen Familien am gesellschaftlichen Leben sicherstellen.
Die Diakonie kritisiert das Paket als unzureichend und nicht Ziel führend: Aufgrund der hohen bürokratischen Hürden erreichen die Hilfen viele Kinder und Jugendliche, denen sie zustehen würden, nicht. Der Umfang der Leistungen ist nicht ausreichend, um Kindern aus einkommensarmen Familien wirkliche Chancengleichheit zu eröffnen. Gemeinsam mit anderen Partnern und zahlreichen Bundesländern fordern wir daher eine Kindergrundsicherung, die für Kinder und Jugendliche einen eigenen Rechtsanspruch auf Existenzsicherung vorsieht.
Weiterlesen bei Diakonie Deutschland: www.diakonie.de/kinderarmut
Zu den Leistungen nach SGB II und SGB XII gehören auch die Kosten für Wohnung und Heizung. Diese Leistungen werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen übernommen, allerdings nur, wenn sie als angemessen gelten. Die Angemessenheit wird vom zuständigen Jobcenter vor Ort definiert.
Wo die Mieten wie im Berliner Ballungsraum rasant steigen und keine wirksamen politischen Mittel zu einer Begrenzung dieses Anstiegs gefunden werden, bleiben auch die Beträge, die die Jobcenter für Miete übernehmen selbst bei regelmäßiger Erhöhung viel zu schnell hinter dem Bedarf zurück. Immer mehr Menschen müssen die Differenz zwischen ihrer Miete und den vom Jobcenter übernommenen Kosten aus ihrem Regelsatz bestreiten. Ihnen bleibt damit noch weniger Geld für Nahrung, Kleidung und andere Grundbedürfnisse. Die Aufforderungen der Jobcenter an Leistungsberechtigte, ihre Wohnkosten durch einen Umzug zu senken, laufen ins Leere: Preiswerterer Wohnraum ist für viele Betroffene kaum mehr zu finden.
Berechnungstool für angemessene Miete in Berlin nach AV Wohnen zum Download
Bei der Beratung von Klienten/innen zu den Kosten der Unterkunft im Rahmen der Existenzsicherung sind die Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 SGB II und §§ 35 und 36 SGB XII (AV Wohnen) maßgeblich.
Günter Leupold und Jürgen Kroggel, Gesellschafter der SoLei-B GbR und ehemalige Sozialarbeiter in der Allgemeinen Sozialberatung und in der Beratung für Menschen in Wohnungsnot im Bereich der Diakonie haben vor dem Hintergrund ihrer langjährigen Praxiserfahrungen eine Excel-Anwendung zur Berechnung der angemessenen Miete in Berlin erarbeitet. Sie bietet neben einer einfachen Eingabemaske sowie der Ausdruckmöglichkeit viele Erläuterungen zum Thema.
Die Berechnung greift in der aktuellen Version die neuen und komplizierten Berechnungen zur Angemessenheit der Heizkosten separat in einem eigenen Eingabefeld auf.
Auch die derzeit gängige Praxis des Sozialgerichtes Berlins bei der Berechnung der angemessenen Miete auf die Wohngeldtabelle zzgl. eines Zuschlages von 10% zurückzugreifen, wird dargestellt und berechenbar gemacht (das Berliner Konzept der AV Wohnen gilt bei Gericht als nicht schlüssig, da es nicht nachweist, dass für Bürgergeldempfänger*Innen auch ausreichend Wohnungen für diesen Angemessenheitswert verfügbar und somit anmietbar sind).
Umsetzungsstand ist die AV Wohnen in der Fassung vom 13.12.2022 mit den aktualisierten Werten vom 29.9.2023. Diese gelten ab dem 01.10.2023.
Hier finden Sie das Berechnungstool für angemessene Miete in Berlin nach AV Wohnen in der aktualisierten Fassung vom 1.02.2024 zum kostenlosen Download.
Um das Tool nutzen zu können, müssen die Makros aktiviert werden.
Das DWBO bietet in Kooperation mit der Diakonischen Akademie für Fort- und Weiterbildung DIAKADEMIE regelmäßig Fortbildungen zu den Rechtskreisen SGB II, III und XII (3. und 4. Kapitel) mit der Sozialrechtsreferentin Sylvia Pfeiffer an. Schwerpunktthemen werden jeweils aktuell entsprechend der gesetzlichen Veränderungen und politischen Agenda ausgewählt. Rückmeldungen zu den Fortbildungsbedarfen der Berater/innen werden gerne aufgegriffen.
Die die geplanten Termine finden Sie auf der Internetseiten der DIAKADEMIE
Armut wird in Deutschland über das Haushaltseinkommen und die daraus folgenden Möglichkeiten an gesellschaftlicher Teilhabe definiert. Wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat, gilt als armutsgefährdet. In Berlin und Brandenburg leben viele Menschen, die ihren Lebensunterhalt oftmals über lange Zeiträume nicht aus eigenen Mitteln decken können. Das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg veröffentlicht zweijährlich den „Regionalen Sozialbericht Berlin-Brandenburg“ mit wichtigen Indikatoren zur Armutsentwicklung in beiden Bundesländern.
Die Diakonie setzt sich gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit für die Durchsetzung der Rechte und Rechtsansprüche einkommensarmer Menschen, die Verbesserung ihrer Lebenssituation und die Wahrung ihrer Würde ein. Die Bekämpfung von Armut und deren Auswirkungen und der Einsatz für eine solidarische und gerechte Gesellschaft sind unser Anliegen. Dieses Ziel verfolgt die Diakonie mit der Wahrnehmung ihres sozialpolitischen Mandats und durch gezielte Lobbyarbeit. Jeder Mensch hat einen Anspruch auf gleiche Chancen in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben. Zu den originären Aufgaben der Diakonie gehören daher die Auseinandersetzung mit den Ursachen von Armut und sozialer Ausgrenzung, die Entwicklung und Begleitung von Projekten zur Armutsbekämpfung und die soziale Anwaltschaft für von Teilhabe ausgeschlossene Bevölkerungsgruppen.
Als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege beraten wir Träger von sozialen Diensten in fachlichen, organisatorischen, rechtlichen und Finanzierungsfragen. Kirchlich-diakonische soziale Dienste bieten gezielte Unterstützung und qualifizierte Beratung für Menschen in Not, unabhängig von Alter, Geschlecht, Nationalität und Konfession des hilfesuchenden Menschen an.
Das DWBO engagiert sich in den Landesarmutskonferenzen Berlin und Brandenburg sowie zahlreichen anderen Bündnissen auf Landes- und Bundesebene.
Weiterlesen:
Diakonie Deutschland: Infoportal zum Themenschwerpunkt „Kinderarmut
Landesarmutskonferenz (lak) Berlin
Landesarmutskonferenz (lak) Brandenburg
Stellungnahmen zu Existenzsicherung & Armutsbekämpfung
28.10.2021
Positionen des LIGA-Fachausschusses Existenzsicherung und Armutsbekämpfung nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus 2021
Armut/Kinder-und Familienarmut
Die Umsetzung einer integrierten Armuts- und Sozialberichterstattung war bereits Vorhaben im letzten Koalitionsvertrag und sollte in der kommenden Koalition zeitnah angegangen werden. Im Ergebnis der Arbeit der „Landeskommission zur Prävention von Kinder-und Familienarmut“ ist die Einführung eines ressortübergreifenden Monitorings der Armutsentwicklung und verbindlicher, haushaltswirksamer Maßnahmepläne (regelmäßige sowie transparente Erarbeitung unter Einbeziehung von Expert*innen außerhalb der Verwaltung) umzusetzen. Die Inanspruchnahme des Bildungs- und Teilhabepaketes ist seit Schaffung dieser staatlichen Förderung sehr gering. Zur Verbesserung der Abrufquote des BuT-Paketes schlagen wir vor, das Antragsverfahren zu vereinfachen und weniger bürokratisch zu gestalten. Beispielsweise könnte im Rahmen eines Pilotprojektes ein einheitliches und abgestimmtes Online-Buchungssystem erprobt werden.
Erhalt und Ausbau der Allgemeinen Unabhängigen Sozialberatung
Die Allgemeine Unabhängige Sozialberatung darf – wie auch von den Spitzenkandidat*innen vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus zugesichert – entgegen der bisherigen Haushaltsplanungen keinen Sparvorhaben zum Opfer fallen, sie muss dauerhaft finanziell gesichert, an die Bedarfe angepasst und zeitnah weiter ausgebaut werden. Seit 2018 wird in allen Berliner Bezirken die allgemeine unabhängige Sozialberatung systematisch gefördert. Diese ist ein wesentlicher Bestandteil der Berliner Beratungsinfrastruktur. Sie bietet ratsuchenden Menschen in existenziellen Notlagen qualifizierte Beratung und Unterstützung bei der Beantragung existenzsichernder Leistungen. Das niedrigschwellige Beratungsangebot ist für Menschen in sozialen, häufig komplexen Notlagen eine wichtige erste Anlauf- und Clearingstelle im Bezirk und vermittelt bei Bedarf an spezialisierte Angebote. Der präventive Beratungsansatz fördert die Selbsthilfepotenziale der Ratsuchenden – darunter insbesondere besonders vulnerable Personengruppen wie alleinerziehende oder nicht alphabetisierte Menschen – und verhindert die Zuspitzung existenzieller Krisen. Die Informations- und Lotsenfunktion der Beratungsstellen entlastet zudem die öffentliche Verwaltung und den öffentlichen Haushalt.
Das Angebot ist etabliert und wird von hilfesuchenden Menschen und Netzwerkpartner*innen immer stärker nachgefragt. Die Covid-19-Pandemie hat die Notlagen vieler Menschen noch einmal verschärft. Die Angebote der Allgemeinen Unabhängigen Sozialberatung werden daher umso nötiger gebraucht – auch und gerade, wenn Covid-19 überwunden sein sollte.
Bedarfsgerechte finanzielle Absicherung der anerkannten Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen
Für ein soziales Berlin ist es existenziell, die bestehende Beratungsstruktur der anerkannten sozialen Schuldner- und Insolvenzberatungen gemäß § 305 InsO zu sichern und bedarfsgerecht auszubauen. Nur die dort gelebten Beratungskonzepte stellen sicher, dass allen Ratsuchenden geholfen wird und eine gesellschaftliche Reintegration gelingen kann. In der sozialen Schuldner- und Insolvenzberatung werden Ratsuchende außerdem dazu befähigt, zukünftig eine erneute Ver- und Überschuldung zu vermeiden. Bereits in 2020 hatte Berlin eine Überschuldungsquote von 12%. Das sind ca. 450.000 Berliner*innen. Nicht mit eingerechnet sind alle Minderjährigen, die von den Folgen der Überschuldung ihrer Familien und somit auch von Armut betroffen sind. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie werden die Zahlen der Überschuldeten weiter ansteigen lassen. Sehr deutlich wurde uns vor Augen geführt, wie schnell und vor allem hilflos man in diese Abwärtsspirale geraten kann.
Straffälligenhilfe: Ein (vorläufiger) Leistungsbescheid und eine gute Koordinierung der beteiligten Behörden sind wesentliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Entlassung
Zahlreiche inhaftierte Menschen in Berlin werden noch immer ohne gesicherte Perspektive entlassen. Über ein Drittel von ihnen verfügt zum Zeitpunkt der Entlassung weder über Wohnraum noch über gültige Ausweispapiere. Wohnungslosigkeit und soziale Ausgrenzung sind mögliche Folgen. Um zu vermeiden, dass Menschen aus der Haft entlassen und unmittelbar mittellos werden, muss der Übergang gut vorbereitet werden. Haftanstalten, Bundesagentur für Arbeit und Jobcenter können hier gemeinsam einen wichtigen Beitrag zur Prävention von Armut, Wohnungslosigkeit und anderen sozialen Notlagen leisten. Anträge auf existenzsichernde Leistungen sollten während der Haft gestellt und die Anspruchsvoraussetzungen bereits im Vorfeld der Entlassung geklärt werden. Vorbild kann dabei das bereits bestehende Verfahren zum SGB III sein, nach dem Mitarbeitende der Agentur für Arbeit anspruchsberechtigte Inhaftierte in den Berliner Haftanstalten im Rahmen der Entlassungsvorbereitung bei der Antragstellung und Berufswegeplanung unterstützen.
Arbeitsförderung: arbeitslose Menschen benötigen aktive Unterstützung
Es gilt die Folgen der Pandemie für besonders betroffene Personengruppen und langzeitarbeitslose Menschen mit gezielten Programmen abzufedern und neue Perspektiven zu eröffnen. Die Möglichkeiten einer aktiven Arbeitsmarktpolitik auszuschöpfen bedeutet, die Kofinanzierungen aus Landesmitteln für Qualifizierung, Sach- und Restpersonalkosten sowie arbeitsplatzbezogene Begleitstrukturen (Jobcoaching, Fortführung der Landesfinanzierung zum §16 i SGB II etc.) als Teil des Arbeitsmarktprogramms im Haushalt fest zu verankern und weiter auszubauen. Dabei ist eine stärkere Zusammenarbeit des Landes mit der Regionaldirektion, Agenturen für Arbeit, den Jobcentern gemeinsam mit der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege erforderlich.
Die Anzahl der langzeitarbeitslosen Menschen im Land Berlin steigt weiterhin. Trotz eines langsamen Rückgangs der Arbeitslosenquote kommt die positive Entwicklung bei langzeitarbeitslosen Menschen nicht an (SGB II Bereich):
Januar 2020: 35.406 Personen;
Januar 2021: 56.048 Personen;
September 2021: 70.684 Personen
Von den langzeitarbeitslosen Menschen waren im September 2021 41.170 bis zu zwei Jahre erwerbslos. Sie dürfen nicht aus dem Blick verloren werden, sie und ihre Familien sind sonst die Verlierer der Coronakrise auf dem Arbeitsmarkt, mit all ihren sozialen Folgen. Langfristig sehen wir für bestimmte Zielgruppen, insbesondere langjährig Erwerbslose, die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels in der Arbeitsförderung zur Förderung eines sozialen Arbeitsmarktes mit dauerhaften Beschäftigungsmöglichkeiten.
Ausbildung
Die Kammern und Innungen sollen aufeinander aufbauende Teilqualifizierungen, die zu einem anerkannten Berufsabschluss führen, großzügig zulassen. Die Bildungsberatung muss ausgebaut und gesichert werden. Um zusätzliche Ausbildungsplätze zu generieren und zu flexibilisieren (Teilzeitangebote), ist die Schaffung einer Ausbildungsplatzinitiative für duale und schulische Ausbildungsgänge mit Aufstockung bestehender Förderprogramme (BAPP, Richtlinienprogramm) erforderlich.
Digitalisierung
In der digitalen Transformation müssen wir in Berlin auch im sozialwirtschaftlichen Bereich einen großen Schritt vorankommen, um Teilhabemöglichkeiten nicht einzugrenzen. Digitalisierung beschränkt sich nicht nur auf Technikausstattung und Kompetenzaufbau, sondern erfordert Organisationsentwicklungsprozesse größeren Ausmaßes. Zudem bedarf es eines mehrjährigen Landesförderprogramms zur digitalen Kompetenzförderung als breites Qualifizierungsangebot mit niedrigschwelligen, stadtteilorientierten Zugängen.
Mietenpolitik
Die Schaffung von bezahlbaren Wohnungen in der Innenstadt durch Ankauf, Rekommunalisierung und Neubau muss Priorität haben. Die Programme zum sozialen Wohnungsbau und gemeinwohlorientierten Neubau sind (wieder) einzuführen bzw. auszubauen. Eine sozial gerechte Wohnraumversorgung durch Gewährleistung eines gleichberechtigten Marktzugangs für besondere Bedarfsgruppen wie wohnungslose Menschen, Klient*innen der Jugendhilfe und Eingliederungshilfe, einkommensarme, alleinerziehende oder ältere Menschen, ist zu sichern und Konzepte der sozialen Wohnraumvergabe und Förderung eines inklusiven Gemeinwesens sind zu entwickeln bzw. vorhandene Konzepte umzusetzen.
Der Verlust von bezahlbarem Wohnraum sollte nach Möglichkeit vermieden und zeitnahe Lösungen hinsichtlich des Auslaufens von Sozialbindungen geschaffen werden. Bestehender Wohnraum ist zu sichern. Damit einher geht die Umwandlung von spekulativem Leerstand und ungenutzten Gewerbeimmobilien in Wohnungen.
Dafür soll sich das Land Berlin auf Bundesebene einsetzen:
- Einsatz für eine Reform des SGB II und der Regelsatzermittlung hin zu einer Grundsicherung, die sowohl das Lebensnotwendige sichert als auch gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht
- Zeitnahe Umsetzung der Kindergrundsicherung
- Eingliederung von digitalen Endgeräten in Bildungs- und Teilhabeleistungen für Kinder und Jugendliche
- Digitale Endgeräte und Internetzugang als Teil des kulturellen und sozialen Existenzminimums definieren und Zugänge dazu für alle Bevölkerungsgruppen schaffen (Bundesprogramm "Digitale Beteiligung")
- Entfristung des Teilhabechancengesetzes hin zum Regelinstrument für den sozialen Arbeitsmarkt und für gesellschaftliche Teilhabe
- Recht auf Weiterbildung bis zu einem anerkannten Berufsabschluss, sowohl für arbeitslose Menschen als auch für Menschen in Beschäftigung
- Wirksame Instrumente zur Begrenzung der Miethöhe für Wohnraum schaffen (Mietenstopp, insbesondere in Ballungsgebieten)
- Stärkung des Gewerbemietschutzes für Kleingewerbe und soziale Organisationen, insbesondere in Ballungsgebieten
Kontakt zum Bereich Existenzsicherung
Judith Körber
Referentin für Existenzsicherung und Gemeinwesenorientierung (Elternzeitvertretung)
030 820 97 211