Nie wieder ist jetzt

Zivilgesellschaft fordert entschlossenes Handeln gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens

06.11.2025

  • Es ist erschütternd, dass Jüdinnen und Juden heute in Deutschland wieder in Angst leben müssen. Der 9. November mahnt uns: Geschichte darf sich nicht wiederholen. Jeder Angriff auf jüdische Einrichtungen oder Menschen ist ein Angriff auf das Herz unserer Gesellschaft. Wir alle müssen widersprechen.

    Diakonie-Direktorin Dr. Ursula Schoen

6. November 2025
Zum 87. Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November 2025 rufen das „Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin“ und „Brandenburg zeigt Haltung“ die Öffentlichkeit dazu auf, sich aktiv und sichtbar gegen Antisemitismus zu stellen. Die Organisationen warnen angesichts steigender Fallzahlen vor einer bedrohlichen Normalisierung antisemitischer Gewalt und Hetze – und fordern konkrete Maßnahmen zum Schutz jüdischen Lebens.

Antisemitische Vorfälle auf Rekordhoch

Die aktuellen Zahlen belegen den Ernst der Lage: Laut dem Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Bundesverband RIAS) e.V. wurden im Jahr 2024 2500 antisemitische Vorfälle registriert – doppelt so viele wie im Vorjahr (https://report-antisemitism.de/). Mehr als die Hälfte ereignete sich im öffentlichen Raum, im Nahverkehr oder an Bildungseinrichtungen. Auch in Brandenburg dokumentierte die zuständige Fachstelle einen deutlichen Anstieg:

484 antisemitische Vorfälle, ein Zuwachs von 28 Prozent. Antisemitische Übergriffe reichen von Beleidigungen über Drohungen und Sachbeschädigungen bis hin zu tätlichen Angriffen.

Viele der Vorfälle stehen nicht im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt – sie sind Ausdruck tief verwurzelter Ressentiments in der Gesellschaft. Studien wie die Leipziger Autoritarismus-Studie 2024 zeigen zudem, dass über 23 Prozent der Befragten in Deutschland antisemitische Stereotype teilen.

„Nie wieder“ braucht Taten – fünf zentrale Schritte

Die beteiligten Organisationen appellieren an Politik, Bildung, Medien und Gesellschaft, Antisemitismus nicht länger nur zu verurteilen, sondern wirksam zu bekämpfen. Ihre zentralen Forderungen:

 

Solidarität braucht Sichtbarkeit

Der 9. November steht für die Verantwortung, die aus der Geschichte erwächst. Die Organisationen in den Bündnissen mahnen: Wenn wir schweigen, wird das Unsagbare wieder sagbar – und schließlich normal. Dem gilt es, gemeinsam und entschlossen entgegenzutreten.

 

Das „Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin“ ist ein Zusammenschluss von 26 Berliner Organisationen, https://www.berlin-weltoffen.de/

„Brandenburg zeigt Haltung“ ist ein Bündnis von 16 zivilgesellschaftlichen Akteuren in Brandenburg, https://www.brandenburg-zeigt-haltung.de/

 

Dem Bündnis gehören auch die Kirchen sowie Caritas und Diakonie an:

„Es ist erschütternd, dass Jüdinnen und Juden heute in Deutschland wieder in Angst leben müssen. Der 9. November mahnt uns: Geschichte darf sich nicht wiederholen. Jeder Angriff auf jüdische Einrichtungen oder Menschen ist ein Angriff auf das Herz unserer Gesellschaft. Wir alle müssen widersprechen. Überall, wo Antisemitismus auftaucht.“

Dr. Ursula Schoen, Direktorin der Diakonie Berlin-Brandenburg

„Antisemitismus ist ein Angriff auf die Menschenwürde und damit auf das Fundament unserer Gesellschaft. Als Caritas stehen wir an der Seite unserer jüdischen Geschwister und treten entschieden jeder Form von Hass, Ausgrenzung und Gewalt entgegen. ‚Nie wieder‘ darf keine leere Formel bleiben – es bedeutet, heute Verantwortung zu übernehmen: im Alltag, in unseren Einrichtungen und überall dort, wo Menschen angefeindet werden.“

Prof. Dr. Ulrike Kostka, Direktorin des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin e.V.

„‘Fürchte Dich nicht, ich habe dich beim Namen gerufen!‘ (Jes 43,1). Gott hat einen jeden Menschen ‚beim Namen gerufen‘, er hat keine Nummern verteilt oder einfach nur durchgezählt. Ausgehend von den Rassegesetzen über die Novemberpogrome bis zu den tätowierten Nummern der KZ-Häftlinge haben die Nationalsozialisten sechs Millionen Jüdinnen und Juden nicht nur das Leben sondern auch ihre Würde und Einzigartigkeit entrissen. Das Gedenken daran drängt uns, aufzutreten gegen jede Form von Antisemitismus, überall da, wo jüdisches Leben bedroht, Jüdinnen und Juden ihre Würde geraubt wird und ihr Leben gefährdet ist.“

Erzbischof Dr. Heiner Koch, Erzbistum Berlin

„Der 9. November bleibt Mahnung und Erinnerung: Wir stehen an der Seite der Jüdinnen und Juden in diesem Land, wir stehen auf, wo sie bedroht werden, wo man sie beleidigt, angreift, verdrängt oder in Angst setzt. Antisemitismus ist ein Verbrechen und lästert Gott. Es ist unsere Verantwortung, dass die Worte des Hasses nicht wieder mächtig werden in diesem Land. Wir erinnern und vergessen nicht. Das ist die Grundgeste des Glaubens an den einen Gott. Seid Menschen, hat Margot Friedländer uns zugerufen und aufgetragen. Seien wir das und stehen auf füreinander. Nie wieder ist jetzt und ist morgen.“

Bischof Christian Stäblein, Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz

 

Ihr Ansprechpartner

Sebastian Peters

Leiter Politik und Kommunikation Pressesprecher

030 82097110 0173 6033322

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