Last Exit Pflegekollaps

Diakonie Berlin und Brandenburg zum Tag der Pflegenden 2025

09.05.2025

09.05.2025 [Zum Tag der Pflegenden, 12.5.2025]

Die Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz erwartet für ihre 360 Pflegeeinrichtungen in drei Bundesländern von der neuen Regierung einen sachlichen Pragmatismus. Jetzt heißt es: Ideologie aus, Umsetzung ein. In intensiver ressortübergreifender Zusammenarbeit mit den Ländern braucht es eine echte, umfassende Integrationsstruktur gegen den Fachkräftemangel, solide Finanzierungslösungen für die Pflegeversicherung und eine Stärkung der ambulant Pflegenden. Sonst heißt es sehr kurzfristig auch in Berlin und Brandenburg: Last Exit Pflegekollaps.

Diakonie-Vorständin Andrea Asch: „Wir haben ganz klar einen Kipppunkt erreicht. Immer mehr Träger in der Brandenburger Fläche sagen offen: ‚Ich baue lieber ein Pflegeheim, für eine gute Versorgung im ambulanten Dienst fehlen mir die Mitarbeitenden.‘ Ein verheerendes Signal für ein nachhaltiges Pflegeangebot im ländlichen Raum. Das erleben wir genauso in Berliner Bezirken wie Marzahn-Hellersdorf. Daten zu Demographie und Arbeitskräftemangel sind eindeutig: Wir laufen sehenden Auges in eine strukturelle Unterversorgung.“

Schon in fünf Jahren fehlen in Berlin 10.000 Pflegekräfte. Eine Ausbildungsoffensive mit dem Ziel von 1.000 neuen Mitarbeitenden pro Jahr wird diese Lücke nicht schließen. Die Aussagen der zuständigen Senatsverwaltung, „zeitweilige Engpässe“ seien „hochwahrscheinlich“ sieht die Diakonie kritisch. In der Praxis bedeuten solche „Engpässe“ Überlastung, berufliche Umorientierung und nicht zuletzt wirtschaftliche Schwierigkeiten von Trägern, die Angebote in Teilen nicht aufrechterhalten können.

Brandenburg rechnet sogar bis 2030 mit einem enormen Alterungsschub und einem Fachkräftemangel von 30.000 bis 44.000 Pflegenden. Auffällig ist der mit 7% extrem geringe Anteil an Pflegekräften mit Migrationshintergrund (bundesweit 21%).

Diakonie-Vorständin Andrea Asch: „Hier zeigt sich deutlich: Pflege braucht ressortübergreifende Lösungen. So viele potenzielle Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund, unterschiedlichem Aufenthaltsstatus und Vorqualifikation wollen sich einbringen. Dazu braucht es in den Einrichtungen und auf kommunaler Ebene umfassende, bürokratiearme Strukturen. Immer mehr Menschen in Berlin und Brandenburg fällt es schwer, sich auf diese Tatsache einzulassen – auch aufgrund unnötig aufgeheizter Debatten: Aber wenn ich Mitmenschen aufgrund ihrer Herkunft als Pflegepersonen ausschließe, ist die Versorgung meiner Mutter oder meines Großvaters gefährdet.“

Die Diakonie erkennt an, dass sich die Bundesländer intensiv um Alternativen vor Ort für die fortschreitende Überalterung bemüht. So hat Brandenburg auf Drängen der Wohlfahrtsverbände hin den „Pakt für Pflege“ für den aktuellen Haushalt wieder auskömmlich ausgestattet. Diese Landesförderung zeigt, wie Pflege vor Ort gezielt gestärkt werden kann. Hand in Hand mit der Diakonie können Städte und Gemeinden die pflegerische Infrastruktur im Quartier verbessern – sei es durch mehr Beratungsangebote, den Umbau von altersgerechten Wohnungen oder die Schaffung neuer Nachbarschaftshilfen und Ehrenamtsprojekte.

In Berlin ist die diakonisch geführte „Fachstelle für pflegende Angehörige“ ein unverzichtbarer Baustein, um die Versorgungssicherheit in Zeiten des Fachkräftemangels aufrechtzuerhalten. Sie stärkt pflegende Angehörige, fördert deren gesellschaftliche Anerkennung und sorgt dafür, dass Menschen in ihrem zu Hause gepflegt werden können.

Diakonie-Vorständin Andrea Asch: „Diese Steuerung der Netzwerke im Kiez ist effektiv und zwingend notwendig – und doch seit Jahren nur Teil eines landespolitisch bemühten Stückwerks. Ministerin Warken steht jetzt vor der großen Herausforderung einer Pflegeversicherung mit ernsthaften Finanzierungsproblemen. Und der Koalitionsvertrag gibt keine klare Linie vor. Wir setzen darauf, dass sich Berlin und Brandenburg über Bundesratsinitiativen für eine nachhaltige und gerechte Entwicklung der Einnahmeseite stark machen: Die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze, eine Pflegeabgabe auf Kapitalerträge, eine Bürgerversicherung, in die wirklich alle einzahlen. Alles muss jetzt mitgedacht werden. Die sichere und gute Versorgung unserer älteren und schwachen Mitmenschen darf nicht an parteipolitischen Ressentiments scheitern.“

Die Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz steht für 98 ambulante Pflegedienste und 113 stationäre Pflegeeinrichtungen, 78 Tagespflegen und 28 Hospize bzw. Hospizdienste, sowie 42 Einrichtungen mit Angeboten im Umfeld von Pflege in Berlin und Brandenburg.

Kontakt

Sebastian Peters

Pressesprecher und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit

030 82097110 0173 6033322

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