Jugendarbeit ohne Zukunft: Giffeys Millionen kommen nicht an
Einen Monat nach dem millionenschweren Versprechen der Regierenden für die Jugendarbeit schließen die ersten Jugendclubs in Berlin.
Die Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz stellt als Vertreterin zahlreicher Jugendhilfeeinrichtungen im Land Berlin fest: Die Jugendarbeit gerät dauerhaft in eine finanzielle Schieflage, wenn Berlin jetzt nicht gezielt handelt.
In den nächsten Wochen müssen mehrere Jugendclubs in Berlin-Lichtenberg und Treptow-Köpenick ihre Arbeit einstellen. Das Problem: eine unzureichende bezirkliche Finanzierung. Inflation, Personalkostendruck, sprunghaft gestiegene Energie- und Lebensmittelkosten wurden viel zu gering in den Haushaltsplänen berücksichtigt.
Michael Heinisch-Kirch, Vorstandsvorsitzender der SozDia-Stiftung: „Über die letzten Jahre mussten wir zum Beispiel allein für unsere Jugendclubs in Treptow-Köpenick deutlich mehr als eine Million Euro zusätzliche außerbezirkliche Mittel für die Standorte akquirieren oder aus Eigenmitteln aufbringen, damit die Jugendarbeit entsprechend professionell aufgestellt werden kann. Diese kostspielige Gegenfinanzierung kann nun nicht länger aufrechterhalten werden.“
Diakonie-Direktorin Dr. Ursula Schoen: „Auf dem Jugendgipfel in Folge der Silvesterereignisse waren sich alle einig: Berlin bietet zu wenige Orte, an denen Jugendliche mit ihren spezifischen Themen und Problemlagen gesehen werden. Es fehlen niedrigschwellige Angebote gerade auch für individuell beeinträchtigte und sozial benachteiligte Jugendliche im Kiez."
Insbesondere Heranwachsende, die von anderen Institutionen nicht erreicht werden, brauchen verlässliche Anlaufstellen. Die Diakonie schafft mit Projekten und Angeboten Räume, in denen sich junge Menschen positiv und konstruktiv einbringen können, förderliche Kontakte knüpfen, Teilhabe einüben.
Dafür hatten die Berliner Wohlfahrtsverbände gemeinsam mit der Senatsverwaltung schon zum 1.1.2020 mit dem Jugendfördergesetz eine deutschlandweit einzigartige Qualitätsoffensive begonnen. Für jede Angebotsform wurden fachliche Standards in Hinsicht auf Qualität (Ausstattung) und Umfang (bezogen auf die Einwohnerzahl junger Menschen) erarbeitet und umgesetzt. Allein: Bis heute fehlt das Geld. Es gibt keine klaren Vorgaben für die Ausstattungsstandards der Jugendarbeit in allen Bezirken. Die Folge sind falsche Anreize, Personal- und Sachkosten in den Projekten abzusenken bei gleichzeitig steigenden Vorgaben für die Erbringung von Leistungsstunden.
Diakonie-Direktorin Dr. Ursula Schoen: „Das Prinzip der Landesregierung heißt hier: mehr fordern, aber nicht mehr bezahlen. So sollen zum Beispiel die Betreuungsstunden am Wochenende oder in den Abendstunden aufgestockt werden, aber es wird dafür kein Geld zur Verfügung gestellt. Die aktionistische Aufarbeitung der Silvesterkrawalle hat nur zu temporären Ad-hoc Maßnahmen in befristeten Projekten geführt. Dauerhafte Lösungen für eine sozialraumorientierte Jugendsozialarbeit müssen auch auf Dauer angelegt sein. Prekäre, temporäre Finanzierungen verhindern dauerhafte und wirkungsvolle Hilfestrukturen. Mit diesem System müssen selbst finanzstarke Träger irgendwann aufgeben.“
Downloads:
Aktuelle Pressemitteilung der SozDia-Stiftung zur Schließung mehrerer Jugendclubs
Aktuelle sozialpolitische Positionen der Diakonie Berlin-Brandenburg zur Jugendarbeit
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