Hohe Antragszahlen durch Bürgergeldeinführung
Eine Bilanz aus der mobilen Beratungspraxis
Das Berliner Arbeitslosenzentrum evangelischer Kirchenkreise e.V. (kurz BALZ) hat dieses Jahr von April bis Oktober mit dem BALZ-Beratungsbus vor allen Berliner Jobcentern beraten. Was dem dreiköpfigen Beratungsteam sofort aufgefallen ist: mit der Namensänderung zum Bürgergeld sind deutlich höhere Antragzahlen bei den Jobcentern festzustellen und auch ein erhöhter Beratungsbedarf von bis zu 25 % mehr Anfragen. Viele Ratsuchende bemängelten aufgrund der Überlastung der Jobcenter eine längere Bearbeitungsdauer ihrer Anträge.
„Die längere Bearbeitungsdauer hängt natürlich mit der unveränderten Personalausstattung zusammen. Aus sozialpolitischer Sicht ist die höhere Antragsbereitschaft aber zu begrüßen, denn das neue Bürgergeld beantragen nun auch Leute, die zuvor aus Scham kein sog. „Hartz IV“ beziehen wollten. Das mindert die Armut in der Stadt.“ sagt der BALZ-Geschäftsführer Kai Lindemann.
Grundsätzlich unterscheiden sich die Erfahrungen am Beratungsbus von Bezirk zu Bezirk, auch weil die 12 Berliner Jobcenter unterschiedlich die neuen Regelungen umsetzen. Hierzu zählt auch die Digitalisierung der Antragstellung über jobcenter.digital. Sie ist in Berlin nicht einheitlich. Das BALZ führt mit fast allen Jobcentern konstruktive Abschlussgespräche, in denen die Erfahrungen vom Bus mitgeteilt werden. Die unabhängige Beratung des BALZ hat bei den Anspruchsberechtigten einen Vertrauensbonus und es werden Probleme geäußert, die in der Beratung beim Jobcenter nicht geäußert werden. Das macht die besondere Rolle einer unabhängigen, zivilgesellschaftlichen Beratung deutlich – gerade in Fragen der sensiblen Existenzsicherung. Diese Bedeutung einer „unabhängigen Beratungsstelle“ für die Anspruchsberechtigten ist den Jobcentern zunehmend bewusst. Deshalb spricht sich das BALZ ebenso wie die Diakonie Berlin dafür aus, die Unterstützung der allgemeinen, unabhängigen Beratungsstellen in jedem Bezirk bedarfsgerecht auszubauen.
Diakonie-Vorständin Andrea U. Asch erkennt im aktuellen Haushaltsentwurf gefährliche Entwicklungen für die Berliner Arbeitsmarktpolitik: „Der Senat möchte bei zentralen, wegweisenden Programmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit wie dem Berliner Jobcoaching oder Maßnahmen zur öffentlichen Beschäftigung insgesamt 24 Millionen Euro sparen. Wir appellieren an das Land Berlin: Diese geplanten Kürzungen müssen zurückgenommen werden. Erfolgreiche arbeitsmarktpolitische Instrumente müssen auch in Zukunft und mit Blick auf steigende Sach- und Personalkosten abgesichert werden. Diese Investitionen schaffen Teilhabe, sind die Basis für einen gesunden Arbeitsmarkt und festigen das Vertrauen in unsere Demokratie.“
Das BALZ ist die älteste unabhängige Beratungseinrichtung für Arbeitslose in Berlin. Jährlich finden dort 6.000 Ratsuchende Hilfe. Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände in den Bezirken und die Landesarmutskonferenz unterstützen die mobile Beratung. Der Senat fördert die Beratungsaktion seit 2016 finanziell.
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