Ein neuer Senat für Berlin: Sozialpolitische Chancen und Herausforderungen
Drei Fragen an Andrea U. Asch, Vorständin DWBO

Vor welchen sozialpolitischen Herausforderungen steht der neue Berliner Senat – nennen Sie uns doch bitte die drei größten „Baustellen“?
Eine krisenfeste soziale Infrastruktur geht in der größten Metropole Deutschlands nur Hand in Hand mit den Wohlfahrtsverbänden. Der Koalitionsvertrag lässt dieses Verständnis an einigen Stellen erkennen. Umso mehr irritieren die zahlreichen Maßnahmen zur Bevorzugung öffentlicherer Einrichtungen und ihrer Mitarbeitenden. Ein Beispiel: Die Bezahlung der Landes- und Bezirksbediensteten wird auf Bundesniveau angehoben und weiterhin um eine Hauptstadtzulage aufgestockt, während wir für Lohnsteigerungen für unsere Mitarbeitenden auf die Gnade der Verwaltung angewiesen sind. Als einer der größten Anbieter sozialer Hilfen in der Stadt sagen wir: Es braucht einen sinnvollen, gemeinsamen Fahrplan zur Fachkräftesicherung.
Wir müssen jetzt mit vereinten Kräften Spaltungstendenzen in unserer Stadtgesellschaft stoppen. Die Unterstützung der Schwächsten darf nicht an wirtschaftlichen Interessen oder Law-and-Order-Politik scheitern. Für eine zukunftsfeste Stadt muss die Politik Kindern und Jugendlichen ein klares Signal geben: In Berlin hat jeder und jede ein soziale Perspektive, Ihr dürft mitmachen, egal wo Ihr herkommt: Eure Migrationsgeschichte ist eine Chance, keine Bedrohung, wir helfen euch, nicht durchs Netz zu fallen.
Das gilt auch für unsere Mitbürger, die nicht mehr wissen, wie sie Ihre Wohnung bezahlen sollen. Wohnen darf kein Luxus sein! Es braucht ganz konkrete und wirksame Maßnahmen für Mieterschutz, sozialen Wohnungsbau und gemeinwohlorientierten Neubau. Und jetzt ist es an der Zeit, dass die gute Vorarbeit von Wohlfahrtsverbänden und Senat zur Beendigung der Wohnungslosigkeit Früchte trägt: Dieser Marathon muss noch in der laufenden Regierungsperiode in die Zielgerade einbiegen.
Wo hakte es in der Zusammenarbeit mit dem letzten Senat?
Die Haushaltsentscheidungen des letzten Senats tragen eine eindeutig soziale Handschrift. Viele gute Pläne konnten allerdings nicht umgesetzt werden. Zum Teil nachvollziehbar: Die Amtszeit war extrem kurz, Krise um Krise musste akut bewältigt werden. Allerdings kritisieren wir als Diakonie deutlich, dass den Trägern der Freien Wohlfahrtspflege keine Gleichbehandlung mit öffentlichen Einrichtungen in Aussicht gestellt wurde: Wir übernehmen zentrale sozialstaatliche Aufgaben, ziehen aber weiterhin den Kürzeren bei wichtigen Investitionen in unsere Gebäude wie Krankenhäuser und Kitas und Mitarbeitende. Wir fordern gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. Wenn unsere Träger das auf Dauer alleine stemmen müssen, kann das den Kollaps für die soziale Infrastruktur in unserer Hauptstadt bedeuten.
Neben den Gesundheits-, Pflege-, Jugend-, Bildungs- und Finanzressorts ist die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales wichtiger Ansprechpartner für die Diakonie. Unter dem rot-rot-grünen Senat war die bisherige Sozialsenatorin Katja Kipping in der Öffentlichkeit sehr präsent: Was erwarten Sie von Ihrer Nachfolgerin Cansel Kiziltepe?
Die Zusammenarbeit unserer Diakonie mit Senatorin Kipping war von großer Offenheit, Vertrauen und einem kontinuierlichen fachlichen Austausch geprägt. Wir gehen davon aus, dass Frau Kiziltepe den Bedarfen der diakonischen Träger und ihren zehntausenden Fachkräften und Ehrenamtlichen mit der gleichen Wertschätzung begegnen wird. Sie ist in unserer Stadt aufgewachsen, kennt die sozialpolitischen Herausforderungen seit ihrer Jugend und hat in landes- und bundespolitischen Ämtern ein großes Verständnis für gesellschaftliche Fragen gezeigt. Ihre Expertise in arbeits- und wohnungspolitischen Fragen und ihre Verbindungen in die Freie Wohlfahrtspflege sind eine gute Basis für eine fruchtbare Zusammenarbeit. Wir freuen uns darauf, Frau Kiziltepe aus der aktiven Bundespolitik in die Themen der Landespolitik fachlich zu begleiten und ihre anpackende Art zu unterstützen.
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Sebastian Peters
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