Kein Integrationsstopp für Berlin und Brandenburg
Diakonische Migrationsberatung steht vor dem Aus
Die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt zeichnen ein düsteres Bild für die Integrationsarbeit in Berlin und Brandenburg. Die Diakonie rechnet mit einem Wegfall von bis zu 30% ihrer Angebote in den Beratungsstellen für Migrant*innen und Geflüchtete und appelliert an die Landesregierungen in Berlin und Brandenburg, diesen Haushaltsentwurf nicht mitzutragen.
Diakonie-Direktorin Dr. Schoen:
„Die Länder dürfen den integrationsfeindlichen Kurs der Bundesregierung nicht mittragen. Unsere Erfahrungen und wissenschaftlichen Belege zeigen klar: eine frühzeitige Integrationsarbeit ist unerlässlich für soziale Teilhabe und Akzeptanz in der Bevölkerung. Stattdessen erleben wir eine verstärkte politische Tendenz der Abschottung: gerade in Brandenburg wird ein Ankommen in unserer Gesellschaft und in unserem Arbeitsmarkt schwierig bis unmöglich. Für eine zukunftsfeste Sozial- und Wirtschaftsstruktur müssen wir die Chancen von Zuwanderung erkennen und nutzen. Dazu braucht es zwingend diese Integrationsangebote.“
Zahlreiche diakonische Beratungsangebote für Migrant:innen sind bundesweit sind von der Kürzung in Höhe von insgesamt 90 Millionen Euro deutschlandweit betroffen, alleine in der „Migrationsberatung für Erwachsene“ fehlen 30 Millionen Euro um das Beratungsangebot des Jahres 2023 zu halten . Die MBE ist ein Beratungsangebot, dass im Bundesauftrag zugewanderte Personen beim Zugang zu Kitas und Schulen, zu Sprachkursen, bei der Integration in den Arbeitsmarkt und weiteren komplexen sozialen Fragen unterstützt. Über Jahre haben diakonischen Träger diese Angebote trotz widrigster Umstände und chronischer Unterfinanzierung aufrechterhalten. In Zeiten stetig steigender und politisch gewünschter Arbeitskräftezuwanderung setzt die Bundesregierung nun auf einen faktischen Integrationsstopp. Christiane Schulz, Geschäftsführerin des ESTAruppin e.V. zeichnet ein klares Bild:
„Im Landkreis Ostprignitz-Ruppin leisten wir seit 2008 die Migrationsberatung mit Sprechzeiten in Neuruppin, Rheinsberg, Wittstock und Kyritz; die Zahl der Ratsuchenden steigt hier kontinuierlich an. Bereits zur Jahreshälfte 2023 wurden fast so viele Menschen beraten wie insgesamt 2022. Immer mehr Ratsuchende, inflationsbedingte Mehrkosten und Tarifsteigerungen – die Träger der Migrationsberatung und deren Beratungspersonal können keine weitere Belastung oder Einsparung verkraften.“
Auch im Berliner Diakoniewerk Simeon teilt man diese Einschätzung. In Neukölln, Treptow-Köpenick und Lübben begleitete die Migrationsberatung für Erwachsene 2023 über 1.000 zugewanderte Menschen. Janka Vogel, Leiterin des Fachbereichs Soziales und Migration erklärt:
„Migrationsberatung ist ein Querschnittsthema. Durch unsere Fachkräfte erhalten die Menschen das Rüstzeug, ihr Leben selbstbestimmt in Deutschland zu gestalten. Es ist ein Grundberatungsangebot für alle. Wir sind bestens im Sozialraum vernetzt und unter den Ratsuchenden sehr bekannt. Wenn wir jetzt verschwinden, wäre das dramatisch.“
Die Diakonie fordert die politischen Vertreter:innen von Brandenburg und Berlin auf, sich in den Bund-Länderverhandlungen für den Erhalt dieser Angebote und ein gesellschaftliches und politisches Klima des Ankommens und Bleibens einzusetzen.
Die Migrationsberatung für Erwachsene wird aktuell von diakonischen Mitgliedsorganisationen in Berlin, Potsdam, in den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin, Dahme-Spreewald, Spree-Neiße und in der Prignitz angeboten.
Außerdem ist die Diakonie mit Psychosozialen Zentren für traumatisierte Geflüchtete in acht Städten und Landkreisen Brandenburgs und mit den Respekt Coaches an 20 Kooperationsschulen aktiv. Auch diese Angebote kann bei einer Realisierung des Haushaltsentwurfs nicht fortgeführt werden. Bei den diakonischen Jugendmigrationsdiensten und der Asylverfahrensberatung ist ebenfalls mit einer Mittelkürzung von 30% zu rechnen.
Hintergrund Migrationsberatung für Erwachsene (MBE)
Die bundesgeförderte Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE) ist deutschlandweit das einzige Angebot für Neuzugewanderte aller Herkunftsländer. Die MBE unterstützt unter anderem:
- bei der Bewältigung des Alltags (Wohnungssuche, öffentliche und private Versorgungsleistungen)
- beim Erlernen der deutschen Sprache (z. B. durch die Vermittlung in Sprachkurse)
- in behördlichen Angelegenheiten
- bei der finanziellen Absicherung des Lebensunterhalts
- bei Arbeitssuche, Berufswahl und beruflicher Fortbildung
- bei der Vermittlung von Kinderbetreuungsangeboten und schulischen Weiterbildung
- bei Krankheit und Schwangerschaft
- in Konfliktsituationen, z.B. in sozialen und familiären Problemlagen
Das Beratungsprogramm MBE wird aus dem Bundeshaushalt über das Bundesinnenministerium gefördert. Bewilligungsbehörde ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Weitere Informationen finden Sie hier: Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer - Startseite
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Sebastian Peters
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