Diakonie/Francesco Ciccolella

Diakonie warnt: Berliner Haushaltsentwurf gefährdet Gewaltschutzprojekte

Trotz Anpassung im Entwurf erfüllt Berlin nicht die europäischen Vereinbarungen

20.11.2025

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November warnt die Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz vor den Folgen der geplanten Kürzungen im Bereich Gewaltschutz. Besonders betroffen ist ein großes diakonisches Frauenhaus, das seit 35 Jahren gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern Schutz, Beratung und Perspektiven bietet, sowie Fachberatungsstellen. Die Diakonie fordert den Erhalt und die Weiterentwicklung der bestehenden Schutz- und Beratungsstruktur.

Nach dem derzeitigen Haushaltsplanentwurf 2026/2027 der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung (SenASGIVA) liegen die geplanten Mittel für Schutzunterkünfte und spezialisierte Beratungsangebote deutlich unter dem Bedarf. Die diakonischen Einrichtungen können ihr Angebot unter diesen finanziellen Bedingungen nicht in vollem Umfang aufrechterhalten. Der Kurs steht auch gegenläufig zum Interesse der Bundesregierung, die mit dem gerade beschlossenen Gewalthilfegesetz ab 2027 neue Angebote schaffen und keine Löcher stopfen möchte.

Europavorgaben nur zu 50 Prozent erfüllt

Das Land Berlin hat sich mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention verpflichtet, rund 960 Schutzplätze für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder zu gewährleisten. Tatsächlich stehen jedoch lediglich 507 Plätze zur Verfügung, was nur etwas mehr als der Hälfte des Bedarfs entspricht. Schon jetzt weisen die Stellen akut schutzsuchende Frauen regelmäßig ab.

„Wer hier kürzt, nimmt in Kauf, dass Frauen und Kinder in Gefahr bleiben“, sagt Diakonie-Direktorin Dr. Ursula Schoen. „Die Stadt kann sich nicht zum Schutz vor Gewalt bekennen und gleichzeitig die Einrichtungen, die diesen Schutz gewährleisten, finanziell aushungern. Die geplanten Einsparungen widersprechen nicht nur den eigenen Verpflichtungen aus der Istanbul-Konvention, sie sind auch ein fatales politisches Signal am Tag gegen Gewalt an Frauen.“

Berlin investiert deutlich zu wenig für verlässlichen Gewaltschutz

Die vorgesehenen Kürzungen betragen real bis zu 7,5 Prozent, da tarifliche Lohnsteigerungen, Miet- und Energiekostensteigerungen sowie Personalnachbesetzungen nicht mitberechnet wurden. Die Folgen: Finanzierungslücken, gefährdete Personalstellen und weniger Beratungsstunden.

„Das Frauenhaus Bora steht exemplarisch für eine funktionierende und engagierte Schutzstruktur, die täglich Leben rettet“, sagt Diakonie-Direktorin Dr. Ursula Schoen. „Eine bloße Rücknahme der Kürzungen würde die Unterfinanzierung nicht beheben. Der Schutzbedarf steigt seit Jahren, während die Finanzierung nicht Schritt hält. Sie liegt deutlich unter dem, was für einen verlässlichen Gewaltschutz notwendig wäre. Wenn Berlin hier nicht bedarfsgerecht finanziert, gefährdet es die Sicherheit von Frauen und Kindern, die auf Unterstützung angewiesen sind.“

Dieses strukturelle Defizit kann auch der angekündigte Neubau eines Frauenhauses nicht auffangen, den das Land aus Mitteln des Sondervermögens realisieren möchte. Die Diakonie  vertraut gemeinsam mit den Berliner LIGA-Verbänden darauf, dass sich die Abgeordneten im laufenden Haushaltsprozess für den Erhalt und die Weiterentwicklung der bestehenden Schutz- und Beratungsstruktur entscheiden, den Mehrbedarf von 3,7 Millionen Euro anerkennen.

 

Gemeinsam mit Landespolitik mehr erreichen
Anhebung des Etats des Titels 68406 auf 39,635 Millionen Euro (Mehrbedarf: +2,91 Mio. Euro) sowie die Erhöhung des Titels 68418 auf den Ursprungsansatz von 2025 (+808.000 Euro)

Hintergrund zum 25. November
Der 25. November ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Er erinnert an die strukturelle und häufig unsichtbare Gewalt, die Frauen weltweit erfahren, und mahnt Regierungen, ihrer Verantwortung zum Schutz von Frauen und Kindern nachzukommen.

 

Stellungnahme der LIGA Berlin zur Unterfinanzierung von Gewaltschutzprojekten

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