Demokratieförderung? Nein, danke!
Bund möchte „Respekt Coaches“ an Schulen streichen
In Brandenburg häufen sich die Meldungen über offen ausgetragenen Rechtsextremismus von Kindern und Jugendlichen. In Berlin sucht die Landespolitik händeringend nach Mitteln gegen Jugendgewalt. Und die Bundespolitik reagiert mit Kürzungen: Ab 2024 soll das erfolgreiche Programm „Respekt Coaches“ zur Demokratieförderung an Schulen ersatzlos gestrichen werden. Die koordinierende Diakonie fordert eine gemeinsame Anstrengung von Bund und Land zum Erhalt des Programms.
Seit fünf Jahren erfahren die Schülerinnen und Schüler an 20 Kooperationsschulen in der Region unter Anleitung von „Respekt Coaches“ ganz praktisch: Gegenseitiges Verständnis und die Anerkennung der Würde jedes Menschen sind die Grundlage unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts. In kostenfreien, altersgerechten Gruppenworkshops setzen sie sich mit den Themen Diskriminierung, Vielfalt, respektvoller Umgang und Verhalten in Konflikten auseinander. So wie Heven und Nele, Schülerinnen einer achten Klasse in Berlin:
„Ich habe gelernt, dass wir alle eine Stimme haben und dass es sich lohnt, diese Stimme für etwas einzusetzen, das uns wichtig ist.“ „Schön ist für mich, dass wir Themen selbst einbringen können, die uns interessieren. Dann kommen Experten in unsere Klasse und informieren uns zum Beispiel über LGBTQI.“
Im vergangenen Schuljahr wurde sehr deutlich, dass rassistische Einstellungen bei Schülerinnen und Schülern und in deren Umfeld häufig normal und alltagstauglich sind. Die Respekt Coaches haben zeitnah mit wirkungsvollen Gruppenangeboten reagiert. Die aktuellen Vorfälle von Rechtsextremismus an Brandenburger Schulen zeigen darüber hinaus den hohen Bedarf an Präventions- und Aufklärungsarbeit. Die frühe Auseinandersetzung mit Extremismusformen, Ausgrenzung, Verschwörungsideologien, Fake News und Hate Speech ist eine effektive und notwendige Vorbeugung gegen die Verbreitung menschenfeindlicher und antidemokratischer Ideologien.
Diakonie-Direktorin Dr. Ursula Schoen:
„Was im Programm „Respekt Coaches“ geleistet wird, fällt nicht in die Kategorie ‚nice to have‘. Demokratie- und Menschenrechtsbildung muss im Schulalltag lebensweltbezogen verankert werden – da, wo die Probleme konkret auftreten. In unseren zivilgesellschaftlichen Netzwerken und gemeinsam mit dem Landesdemokratiezentrum setzen wir uns aktiv gegen menschenrechtsfeindliche Ideologie und Extremismus ein. Eine Beendigung des Bundesvorhabens mitten im Schuljahr wäre ein Vertrauensbruch gegenüber den Schülerinnen und Schülern, sowie den Lehrerinnen und Lehrern, zu denen ein Vertrauensverhältnis aufgebaut wurde. Gleichzeitig könnte ein Gefühl des „Alleingelassen-Werdens“ gegenüber der Landespolitik entstehen. Gerade jetzt brauchen wir dringend den uneingeschränkten Rückhalt der Politik. Funktionierende Strukturen der Demokratieförderung dürfen nicht zerschlagen werden.“
Die Diakonie fordert die Länder Brandenburg und Berlin auf, sich in den Bund-Länderverhandlungen für den Erhalt des bundesfinanzierten Programms einzusetzen oder kurzfristig eine alternative Finanzierung zu sichern. Eine mögliche Ausweitung der Schulsozialarbeit kann die Respekt Coaches fachlich und inhaltlich nicht ersetzen.
Hintergrund:
Die aktuelle Haushaltsplanung des Bundes sieht neben der Streichung der schulischen Demokratieförderung immense Kürzungen im Bereich Migration und Integration vor, die für Berlin und Brandenburg einen Wegfall der diakonischen Angebote von 30% bis 50% erwarten lassen. Dazu publiziert die Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz Anfang September detaillierte Informationen.
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Sebastian Peters
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