Berliner Kältehilfe startet: Wohlfahrtsverbände fordern mehr Unterstützung für obdachlose Menschen
50.000 Menschen haben in Berlin keine Wohnung und müssen in Not- und Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. Mindestens 2.000 von ihnen leben auf der Straße. Um diese Menschen vor dem Erfrieren zu schützen, gibt es die Berliner Kältehilfe. Kirchengemeinden, Wohlfahrtsverbände, soziale Träger und Hilfsorganisationen stellen in Kooperationen mit den Bezirken in der Zeit von Oktober bis Ende April Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Dazu Dr. Gabriele Schlimper, Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin und Federführung der LIGA Berlin: „Es gibt in Berlin kaum freien Wohnraum – schon gar nicht für Menschen, die obdachlos bzw. wohnungslos sind. Es braucht zeitnah mehr Unterkünfte und es müssen dringend mehr preiswerte Wohnungen neu gebaut werden. Nur so ist eine langfristige Verbesserung der Lage zu erreichen. Das muss höchste Priorität haben. Wohnen ist ein Menschenrecht!“
Die Kältehilfe ist ein Beweis für das große humanitäre Engagement der Stadtgesellschaft, aber sie ist und bleibt eine Nothilfe, die keine nachhaltige Unterstützung für Menschen bieten kann, die aus der Obdachlosigkeit herauswollen. Dr. Ursula Schoen, Direktorin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg, macht sich für die Unterbringung von obdachlosen und wohnungslosen Menschen nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) stark: „Die Berliner*innen haben sich am 26. September eindeutig für eine
soziale Landesregierung ausgesprochen. Die Kältehilfe dient dem Überleben – die Menschen brauchen aber einen Platz, wo sie tagsüber und nachts bleiben und unterstützt von Sozialarbeiter*innen eine Perspektive entwickeln können. Und das so kurz wie möglich, bis sie, notfalls mit staatlicher Unterstützung, wieder eine eigene Wohnung und Lebensperspektive haben."
Dass pro Nacht durch die Berliner Kältehilfe bis zu 1.500 Menschen auf diese Weise einen Schlafplatz und Essen erhalten, ist vor allem dem herausragenden Engagement vieler Ehrenamtlicher zu verdanken. Finanziert wird dieses Angebot, genauso wie die medizinische Versorgung, größtenteils durch Spenden. „Wie in jedem Jahr stehen die Mitarbeiter*innen der Kältehilfe vor denselben Problemen. Wohin mit Menschen, die suchtkrank oder psychisch krank sind oder andere Erkrankungen haben? Sie haben meist keine sozialrechtlichen Ansprüche, sind nicht krankenversichert und können deshalb nicht ins Regelsystem vermittelt werden. Die medizinische Versorgung von Obdachlosen erfolgt durch ein zumeist defizitäres System kleiner Ambulanzen. Wir brauchen jedoch ein stabil ausfinanziertes und gut strukturiertes medizinisches Angebot mit tragfähigen fachlichen und personellen Standards. Außerdem fehlen aktuell dringend Pflegefachund Hilfskräfte für die medizinische Versorgung obdachloser Menschen“, so Caritasdirektorin Prof. Ulrike Kostka.
Die LIGA Berlin fordert deshalb ein größeres Engagement insbesondere der für die Unterbringung zuständigen Bezirksämter. Gebraucht werden neben neuen bezahlbaren Wohnungen ein niedrigschwelliges Angebot und eine bessere Unterstützung obdachloser Menschen, um das Ziel, die Obdachlosigkeit in Berlin bis 2030 abzuschaffen, zu erreichen.