Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH
Regelfinanzierung fehlt, Länder sind in der Pflicht

Begleitete Trauer ist Gesellschaftsaufgabe

11.10.2025

  • DWBO-Vorstand: Direktorin Dr. Ursula Schoen (links) und Vorständin Andrea Asch
    DWBO/Hoffotografen

    »In polarisierenden, krisenhaften Zeiten wie diesen, in denen die Spendenbereitschaft spürbar abnimmt, benötigen wir dieses gesellschaftliche Sicherungsnetz umso mehr: Trauerarbeit leistet einen zentralen Beitrag zur seelischen Gesundheit, zur sozialen Stabilität und beugt Einsamkeit vor.«

    Dr. Ursula Schoen Diakonie-Direktorin

Zum Deutschen Hospiztag am 14. Oktober stellt die Diakonie als größter Anbieter von stationären und ambulanten Hospizdiensten in Berlin und Brandenburg fest: Trauerarbeit mit Hinterbliebenen und Menschen, die unter andersartigen persönlichen Verlusten durch gesellschaftliche Transformationsprozesse leiden, wird gerade in Berlin nicht ausreichend gefördert. In diesen verunsichernden Zeiten müssen beide Länder und die Kommunen die unterfinanzierte Trauerarbeit in den Mittelpunkt rücken.

Trauerarbeit geht über die individuelle Begleitung trauernder Menschen hinaus: Sie stärkt Familien, Kiezgemeinschaften und fängt psychische Belastungen auf. Trotz der steigenden Nachfrage angesichts des demographischen Wandels gibt es bislang in Berlin und Brandenburg keine gesetzliche Regelfinanzierung.

Diakonie-Direktorin Dr. Ursula Schoen: „In polarisierenden, krisenhaften Zeiten wie diesen, in denen die Spendenbereitschaft spürbar abnimmt, benötigen wir dieses gesellschaftliche Sicherungsnetz umso mehr: Trauerarbeit leistet einen zentralen Beitrag zur seelischen Gesundheit, zur sozialen Stabilität und beugt Einsamkeit vor. Sie ist präventiv wirksam und fördert gesellschaftliche Teilhabe. Dieser gesamtgesellschaftliche Auftrag kann nicht nur von Spenden, Projektförderungen und ehrenamtlichem Engagement getragen werden. Nur mit systematischer landespolitischer Unterstützung können wir diese Arbeit akut und langfristig garantieren.“

Dabei geht es nicht um extreme Belastungen für die öffentlichen Haushalte: In beiden Ländern finanzieren die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen 95 Prozent der allgemeinen Hospizarbeit. Die verbleibenden 5 % der laufenden Sach- und Personalkosten müssen die Einrichtungen über Spenden decken. Angebote, die einen Abschied menschlicher gestalten – etwa Musik, Bilder, Rituale oder kreative Elemente werden ebenfalls nicht finanziert und sind von der Spendenbereitschaft der Bevölkerung abhängig. Dabei zeigt sich gerade in der präventiven Arbeit, wie wichtig frühzeitige, generationen- und herkunftsübergreifende Auseinandersetzung mit Verlust ist. Diakonische Hospizdienste unterstützen und begleiten Trauernde vieler Zielgruppen: Kinder- und Jugendtrauergruppen, Trauercafés, Angebote für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, Programme in Kitas, „Letzte Hilfe“-Kurse und mehrsprachige Angebote.

„Unsere Angebote zeigen, wie differenziert Trauerarbeit gestaltet werden kann und muss“, sagt Diakonie-Direktorin Dr. Ursula Schoen. „Die Diakonie ist im Austausch bei der Entwicklung passgenauer landes- und kommunalpolitischer Konzepte, die lokale Bedarfe präzise erfassen und gezielt unterstützen. Wir arbeiten daran, dass sich die Bestrebungen einzelner Berliner Parteien zur Stärkung der Trauerarbeit auch ganz konkret im aktuellen Berliner Haushalt spiegeln.“

In Berlin und Brandenburg gehört die Hälfte der ambulanten Hospizdienste zu diakonischen Trägern (20 von 41) und 13 von 29 stationären Hospizen sowie ein stationäres Kinderhospiz sind Teil der Diakonie.


Beispiele diakonischer Trauerarbeit in der Region

Ein Korb voller Trost in Brandenburg:
Kinder lernen, mit Verlust umzugehen | Eltern trauen sich zu trauern

Marianne Lode holt einen kleinen Holzengel, gläserne Tränen und das Buch vom rosa Elefanten Benno aus dem „Trostkorb“. Die ehrenamtliche Trauerbegleiterin sitzt mit fünf Vorschulkindern in der Kita „Bummi“ auf dem Teppich und erzählt eine Geschichte, die Hoffnung machen soll. Gebannt hört Pauline, fünf Jahre alt, zu und sagt dann nachdenklich: „Gib deinem Freund einen Platz in deinem Herzen“. Das Projekt Trostkorb des Ambulanten Hospiz- und Palliativberatungsdienstes Märkisch-Oderland möchte Kinder frühzeitig darin stärken, mit Abschied und Verlust umzugehen. In teilnehmenden Kitas begleiten Ehrenamtliche die Erzieher:innen und Kinder über mehrere Wochen und sprechen kindgerecht über Tod, Trennung und Trauer. Von Jahr zu Jahr melden sich mehr Ehrenamtliche für die Trauerarbeit in diesem Projekt. Doch in der Elternschaft spiegelt sich deutlich das verfestigte gesellschaftliche Tabu, über den Tod zu sprechen. Vor Projektstart braucht viel Überzeugungskraft, doch dann begleiten die Eltern die Gespräche mit den Kindern immer intensiver und merken, wieviele Motive es in ihnen selbst gibt zu trauern: die Transformationsprozesse in der Region verlangen den Umgang mit vielen Abschieden gewohnter Strukturen.
 

Good Grief Group in Berlin: Sprache für Trauer finden

Menschen aus aller Welt sitzen im Stuhlkreis in dem hellen Gruppenraum. Eine Kerze brennt in der Mitte. „I lost my mother last year,“ sagt eine Teilnehmerin leise – und andere nicken mitfühlend. Hier, in der Good Grief Group, dürfen englischsprachige Trauernde ihre Geschichte teilen, ganz egal, woher sie kommen oder ob Englisch ihre Muttersprache ist. Trauer reflektieren, zuhören und Worte finden: Der Lazarus Hospizdienst bietet mit dem ehrenamtlich begleiteten Projekt einen geschützten Raum in Berlin-Mitte, an dem Trauer verbindet – über Grenzen, Generationen und Sprachen hinweg.

Ihr Kontakt

Sebastian Peters

Leiter Politik und Kommunikation Pressesprecher

030 82097110 0173 6033322

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