3 Fragen an Pfarrerin Anna Hellmich
Anna Hellmich fühlt sich als Pfarrerin auch dafür verantwortlich, Zusammenhalt in der Gesellschaft zu fördern.
Sind Sie ein Gutmensch?
Nein. Ich halte mehr von ehrlicher Auseinandersetzung, wenn auch mit konstruktivem Ergebnis und Erkenntnisgewinn: „Wer bist du wirklich, was denkst du und was sind deine Ziele“. Ein Gutmensch ist für mich eine Person, die für alles Verständnis hat. Das habe ich nicht. Aber ich glaube, wenn ich will, kann ich ziemlich lange zuhören, ohne zu bewerten.
Was wäre, wenn es keine Altenheime geben würde?
Auf der einen Seite Not und Elend bei denjenigen, die privat keine Fürsorge bekommen, auf der anderen Seite – vielleicht – mehr Gemeinschaft zwischen den Generationen und weniger Fokussierung auf Arbeit einerseits und Freizeit andererseits als Lebenssinn. Ich kann mir vorstellen, wenn ich meine Eltern oder Schwiegereltern pflegen müsste, bzw. wüsste, dass das auf mich zukommen wird, dass sich meine Prioritäten sehr schnell verändern würden.
Was bereitet Ihnen Sorge?
Die noch nicht überstandene Pandemie und die damit einhergehenden Veränderungen in der Gesellschaft, die mir im Moment mehr zum Schlechten als zum Guten zu sein scheinen. Am Anfang hatte ich die Hoffnung, dass die Menschen umkehren, sich auf das besinnen, was wirklich wichtig ist – Gemeinschaft, Liebe, Solidarität –, dass Konsum und Arbeitsstress abnehmen und, wie der Prophet Micha sagt, alle unter ihrem Feigenbaum sitzen und es ihnen gut geht. So ist es ja nun nicht gekommen. Stress und verbale Gewalt nehmen zu, auch der Druck auf die Regierung. Dass aus den kleinen Aufbrüchen und Ansätzen, etwas zu verändern mehr geworden ist, kann ich nicht feststellen. Ich denke aber trotzdem, dass sie einen Sinn haben - allein schon, um ein Zeichen zu setzen.