Statement zum Koalitionsvertrag der neuen Berliner Landesregierung
Das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg begrüßt viele Vorhaben der neuen Berliner Landesregierung, vermisst aber ein klares Bekenntnis zur Trägervielfalt
Das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz begrüßt die Grundausrichtung des Koalitionsvertrages, Berlinerinnen und Berliner mit konkretem Hilfebedarf zu unterstützen: „Der Koalitionsvertrag stellt den Menschen in den Mittelpunkt – nun muss die neue Landesregierung aber auch mit Taten zeigen, dass sie das soziale Berlin stärken möchte“, sagt Dr. Ursula Schoen, Direktorin des Diakonischen Landesverbandes. Das Diakonische Werk lobt die vielen geplanten Maßnahmen zur Erleichterung der konkreten Lebenssituation von vulnerablen Personengruppen, unter anderem von wohnungslosen Menschen oder Menschen mit Migrationsgeschichte. Ein gutes Beispiel sei der Plan, die Einbürgerungsverfahren mithilfe eines Landeseinbürgerungszentrums zu beschleunigen oder dass bedürftige Mieter:innen zukünftig nicht mehr so einfach zwangsgeräumt werden können, wie zum Beispiel Eltern mit Kindern oder Menschen mit Behinderungen.
Bei einigen Punkten mahnt das Diakonische Werk jedoch Verbesserungen an, wie zum Beispiel bei der Planung der neuen Landesregierung, den Wohnberechtigungsschein (WBS) deutlich mehr Personengruppen auszuhändigen: „Den Wohnberechtigungsschein einfach allen Bedürftigen auszustellen, wird das Problem nicht lösen“, warnt Schoen. „Es besteht die Gefahr, dass aus dem WBS ein zahnloser Tiger wird! Mit einem WBS allein finden die Menschen auch keine bezahlbare Wohnung.“
Andrea Asch, Vorständin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg, ergänzt: "Wir freuen uns, dass unsere Forderung nach Weiterführung der Unabhängigen Sozialberatung aufgenommen wurde. Allerdings vermissen wir eine finanzielle Aufstockung, um den wachsenden Bedarfen gerecht zu werden". Asch beklagt, dass im Unterschied zum Koalitionsvertrag des Bundes, in Berlin ein klares Bekenntnis zur freien Wohlfahrtspflege fehlt. „Wir vermissen im Koalitionsvertrag für Berlin das klare Bekenntnis zur Trägervielfalt. Berlin ist vielfältig und braucht Vielfalt!“, sagt Asch. „Dazu gehört eine auskömmliche Finanzierung der unterschiedlichen Anbieter, wie zum Beispiel der sozialen und gesundheitlichen Angebote der diakonischen Träger, die eine so wichtige Arbeit für diese Stadt leisten. So ist für diakonische Kita-Träger die avisierte Bevorteilung kommunaler Träger eine Enttäuschung. Freie Träger müssen gleichberechtigt auf die Ausbaumittel für Kitas zugreifen können. Hier lässt man evangelische Träger im Regen stehen, die bereits für neue Kitaplätze in Vorleistung gegangen sind und immer noch auf Zusagen des Landes Berlin warten."
Stellungnahme Verband evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V.
Der Entwurf des Koalitionsvertrages für die neue Legislaturperiode 2021-2026 liegt vor. Für den Bereich der frühen Bildung haben sich die Koalitionsparteien darauf verständigt, soziale Benachteiligungen von Kindern und Familien weiter abzubauen sowie das Kita-Angebot in Umfang und Qualität weiterzuentwickeln.
Der Verband der Evangelischen Tageseinrichtungen für Kinder bezweifelt, dass diese guten Ziele durch Maßnahmen erreicht werden können, die freie Träger stark benachteiligen.
So plant das Land Berlin weiteren Kitaplatzausbau mit einem Schwerpunkt auf den kommunalen Landesanteil. Die Freien Träger werden hiernach keine oder wenige neue Plätze schaffen können, da der landeseigene Kitaplatzausbau Vorrang genießt. Dieses Vorhaben unterläuft die gesetzlich geregelte Subsidarität und schränkt damit Familien in ihren Wahlmöglichkeiten bei der Kitaplatzauswahl ein. „Wir sind überzeugt von der guten Arbeit in unseren Kitas, vom Sinn eines evangelischen Bildungskonzeptes in einer Stadt wie Berlin. In evangelischen Einrichtungen sind lange Wartelisten von Familien, die einen Platz in einer evangelischen Einrichtung haben wollen. Wir haben sich auf den Weg gemacht, gebaut und saniert, eine Menge Geld investiert, um neue Plätze schaffen, dem Bedarf gerecht zu werden. Jetzt lässt das Land Berlin die evangelischen Träger im Regen stehen“, sagt Martin Kirchner, Superintendent Ev. Kirchenkreis Berlin Nord- Ost, Vorstandsvorsitzender des Verbands evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder im Diakonischen Werk.
Der Fachverband evangelischer Kitas begrüßt die Zielrichtung der Ampel-Koalition, soziale Benachteiligung abzubauen. „Wir freuen uns über Bestrebungen einen früheren Zugang für alle Kinder in die Kitas zu schaffen und damit Chancengleichheit für alle Kinder zu erzielen. Wir hätten uns mehr als eine Absichtserklärung zur Einführung von Kita- Sozialarbeit gewünscht. Die Evangelischen Träger haben bereits Erfahrungen zur Implementierung von Kita Sozialarbeit gesammelt und sehen darin größtmögliche Chancen, Kinder und Familien in ihren Bedürfnissen über die Beziehungsarbeit zu unterstützen. Die Evangelischen Träger bieten ihre Expertise hierzu an, damit die beabsichtigte Prüfung des Landes Berlins auch erfolgreich verläuft.“, sagt Astrid Engeln, Geschäftsführerin im Verband Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder im Diakonischen Werk.
Der Verband appelliert an die Koalitionsparteien: Die im Koalitionsvertrag gesteckten Ziele können nur erreicht werden, wenn alle an einem Strang ziehen. Eine einseitige Bevorteilung öffentlicher Träger, die zudem rechtswidrig ist, trägt nicht nur zu einer Störung der guten Kooperation bei, sondern wird auch zu Nachteilen für Kinder und Familien führen. Nur eine Strategie, die alle Partner gleichermaßen einbindet und das Subsidiaritätsprinzip wahrt, wird in Verbesserungen für Kinder und Familien münden.
Stellungnahme Verband Evangelischer Krankenhäuser und stationärer Pflegeeinrichtungen Berlin-Brandenburg
Der Koalitionsvertrag Berlin 2021-2026 ist aus Sicht der Diakonischen Krankenhäuser eine herbe Enttäuschung
„Die Koalition setzt auf eine gute Zusammenarbeit mit allen Krankenhausträgern ….“. So formuliert es der Koalitionsvertrag 2021-2026. Wir begrüßen das ausdrücklich. Allerdings bleiben die konkreten Maßnahmen deutlich hinter dieser Zielsetzung zurück und fokussieren erneut einseitig auf die öffentlichen Krankenhäuser und deren Fortentwicklung. Damit wird die Politik der bisherigen Koalition nahtlos fortgesetzt.
Der Verband evangelischer Krankenhäuser (VEKP) begrüßt das Bekenntnis der Koalition zu allen Krankenhäusern sämtlicher Trägerschaft, das durch eine Anhebung des Gesamtfördervolumens seinen Ausdruck finden soll. Dieses Versprechen ist nur dann werthaltig, wenn es sich um eine substanzielle Anhebung des Fördervolumens handelt. Dabei geht der VEKP von einem Gesamtfördervolumen von mindestens 235 Mio€ p.a. aus. Der VEKP begrüßt die Idee eines zusätzlichen Förderprogramms für den Klimaschutz. Dieses Sonderprogramm darf nicht zu einer Reduzierung des Fördervolumens nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz führen. Die Zweckbestimmung der verpflichtenden Landesförderung ist rechtlich abschließend geregelt.
Ergänzend zu den Investitionsmitteln sieht der Koalitionsvertrag eine gesonderte Investitionsfinanzierung, deren Volumen unbestimmt ist, für die Förderung von Charité und Vivantes vor. Dies ist nicht nur rechtlich, sondern auch politisch fragwürdig und wird abgelehnt. Das Krankenhausfinanzierungsrecht geht vom Vorrang der freigemeinnützigen Träger vor den öffentlichen Trägern aus. Die Koalition praktiziert hier genau das Gegenteil.
Öffentliche Krankenhäuser werden als „Vorreiter bei der Schaffung guter Arbeitsbedingungen“ beschrieben, ohne sich mit den Arbeitsbedingungen z. B in diakonischen Krankenhäusern auseinander zu setzen. Diese Wertung ist nicht nachvollziehbar und spiegelt die tatsächlichen Gegebenheiten nicht wider. Endgültig problematisch und für den VEKP nicht akzeptabel werden die Überlegungen der Koalitionäre, wenn sie ankündigen den EntlastungsTV von Charité und Vivantes in den Krankenhausplan zu übernehmen und im Rahmen der Aufnahme in den Krankenhausplan zu berücksichtigen. Dies ist ein eklatanter Eingriff in die Möglichkeiten der Arbeitsrechtssetzung im Wege des kirchlichen Arbeitsrechts. Aus Sicht des VEKP wäre eine solche Maßnahme rechtlich unzulässig.
Die Überlegungen zur verstärkten Zusammenarbeit zur Sicherstellung und Weiterentwicklung in der Gesundheitsversorgung im Rahmen des Gremiums nach § 90 a SGB V ist nur dann umsetzbar, wenn der rechtliche Rahmen auf Bundesebene entsprechend gesetzt wird. Nach der derzeitigen Rechtslage obliegt die Bedarfsplanung im niedergelassenen Bereich, anders als bei den Krankenhäusern, der Kassenärztlichen Vereinigung. Aus dem Koalitionsvertrag wird nicht erkennbar, ob dieses Problem erkannt wurde und welche Lösungen hierzu angedacht sind.
Der VEKP unterstützt Initiativen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Hierzu zählt auch die Umsetzung des Gesetzes zur Pflegefachassistenzausbildung. Wir fordern allerdings die Sicherstellung der Finanzierung über das Krankenhausfinanzierungsgesetz, an der es bis heute bundesrechtlich mangelt, sowie eine zügige Vorlage der curricularen Rahmenbedingen für die Ausbildung, an denen es ebenfalls bis heute mangelt. Andernfalls besteht die Gefahr, einen Ausbildungsjahrgang zu verlieren. Das können wir uns nicht leisten.
Die Bewältigung des Fachkräftemangels benötigt zwingend den Aufbau weiterer Ausbildungskapazitäten in den Pflegeberufen. Die Koalitionäre setzen hierzu auf den Campus der städtischen Kliniken, der bisher noch nicht real existiert. Bestehende Schulkapazitäten, die bereits in der Vergangenheit ihre Bereitschaft zum Aufbau weiterer Ausbildungsplätze erklärt haben, werden nicht einmal erwähnt, geschweige denn bei ihren Ausbauplänen unterstützt.