16.06.2022 | Statement zur Debatte um eine soziale Dienstpflicht
Wie steht die Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zum Vorstoß des Bundespräsidenten zur Einführung einer sozialen Dienstpflicht? Wie sinnvoll ist aus Ihrer Sicht ein Pflichtjahr?
Statement Dr. Ursula Schoen, Direktorin der Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (DWBO): „Wir befürworten die durch Bundespräsident Steinmeier angestoßene Debatte um soziales Engagement für unsere Gesellschaft. Auf diese Weise bleiben die Bedürfnisse unserer zahlreichen Freiwilligen, die gerade in der Pandemie so viel geleistet haben im Gespräch. Für uns ist allerdings klar:
Soziales Engagement muss immer freiwillig sein. In der Praxis ist eine Verpflichtung zur sozialen Arbeit nicht ohne empfindliche qualitative Einbußen umsetzbar. Für den sozialen Einsatz braucht es eine besondere Motivation, die nicht jedem und jeder zu Eigen ist. Außerdem entspricht die Verpflichtung nicht unserer Vorstellung eines solidarischen Miteinanders. In der Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz setzen wir vielmehr auf eine umfangreiche pädagogische Begleitung: Die Menschen im Freiwilligendienst erfahren in unseren Seminaren, dass sie in unserer Gesellschaft etwas bewirken können, bekommen so ein Gefühl für demokratische Grundhaltungen und entwickeln soziale Kompetenzen weiter. Sie üben in Workshops zugewandte Kommunikationsformen und lernen den Aufbau der Sozialfürsorge kennen. Sie lernen Diakonie zu leben.
Ob im deutsch-polnischen Grenzgebiet oder dem hippen Neukölln – überall erleben wir, dass der Wunsch nach dieser Art von Lebensbildung größer ist als die verfügbaren Freiwilligendienst-Plätze. Wie sollen die Einrichtungen dann Tausende zusätzliche „Pflichtzeitler“ einarbeiten, schulen und bezahlen? Wir müssen jetzt schon als Verband durchgängig für bessere Rahmenbedingungen für FSJ und BFD kämpfen. Es kann nicht sein, dass jemand, der oder die ein Jahr der sozialen Arbeit schenkt, für eine Vollzeittätigkeit zwischen 150,- und 500,- EUR im Monat zur Verfügung hat. Die Einrichtungen können nicht mehr leisten. Und erst für den kommenden Haushalt konnten wir das Land Berlin überzeugen, das sogenannte Taschengeld zu fördern. Die staatlichen Zuschüsse auf Bundesebene decken seit Jahren nicht die Ausgaben, die für eine gute pädagogische Begleitung in diesem Bildungs- und Orientierungsjahr erforderlich sind. Wir fordern Politik und Gesellschaft auf, gute Strukturen für Freiwilligendienste zu schaffen und sie finanziell ausreichend auszustatten. Gute Freiwilligendienste haben ihren Preis.“
Hintergrund Freiwilligendienste im DWBO
Die Freiwilligendienste der Diakonie begleiten jährlich rund 400 Freiwillige und ihre Einsatzstellen in Berlin, Brandenburg und der schlesischen Oberlausitz. Ob in der Altenhilfe, in Kitas, Schulen, der Arbeit mit Geflüchteten, Krankenhäusern oder Behindertenhilfe - überall da, wo die Diakonie tätig ist, sind die Freiwilligen im Einsatz. Begleitet werden sie von einem Team erfahrener Referent:innen der Diakonie und den Anleiter:innen vor Ort in den Einrichtungen.
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Kontakt
Sebastian Peters
Pressesprecher und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit
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